Am gestrigen Sonntag war das eDonkey-Netzwerk platt. Gleichzeitig waren einige große Server ausgefallen, mehrere hunderttausend Nutzer verloren so ihre Anbindung und versuchten sich auf die verbliebenen Server zu verbinden. Unter der Last der vielen Anfragen ging bei diesen dann auch nichts mehr. Damit kam eine Welle von Anfragen auf die Diskussionsforen zu, die eMule-Support bieten und zwang diese ebenfalls in die Knie. Das Board der Entwickler von eMule war am gestern so langsam, dass kaum eine Anfrage durchkam. Noch liegen die Ursachen für den Crash im Unklaren, angeblich soll eine Sicherheitslücke in der Software für eDonkey-Server für den Ausfall verantwortlich sein. Doch der gestrige Vorfall zeigt auch, wie schnell das FileSharing-Netzwerk ausgehebelt werden kann.

Eigentlich ist das eDonkey-Netzwerk als dezentrales System konzipiert. Die notwendigen Server verwalten nur einen kleinen Teil der Kommunikation zwischen den einzelnen Nutzern. Und jeder der eine schnelle Internetverbindung hat wie zum Beispiel DSL, könnte auch selbst solch einen eMule-Server für einige hundert Nutzer auf seinem Rechner betreiben.

Doch mit der steigenden Beliebtheit des eMules hat sich im Serverbereich langsam aber stetig eine Veränderung vollzogen. Statt vieler kleiner Server mit wechselnden IP-Adressen haben sich inzwischen wenige Mega-Server etabliert, von denen manche bis zu 150.000 Nutzern Platz bietet. Dafür braucht man sehr leistungsfähige Computer - meist mit mehreren CPUs ausgestattet und eine noch bessere Anbindung ans Netz. Denn obwohl ein einziger Nutzer nur wenig Datenverkehr mit einem Server verursacht, läppert sich das mit der Menge der Nutzer. Der im eMule-Netzwerk sehr beliebte Server Silent-Bob verursacht nach eigenen Angaben etwa 2 GB Traffic in der Stunde. Das macht im Monat etwa 1.500 GB Traffic und den kann man nicht mehr so einfach aus der Portokasse bezahlen.

So wundert es auch nicht, dass in den vergangenen Monaten kommerzielle Interessen für den Betrieb der eMule-Server verantwortlich waren. Über die LogIn-Nachricht der Servers werben diese für Produkte und Serviceleistungen ihrer Betreiber. So gab es zwischenzeitlich mindestens fünf "Probenprinzen"-Server, die jeweils etwa 50.000 Nutzer zugelassen hatten und die Werbung für die Dienstleistungen jener gleichnamigen Seite machten. Auch die Erotik- und Porno-Branche hat den Betrieb eines Esel-Servers inzwischen als Werbemedium entdeckt. Man findet neben "Gratislolitas" auch den "Gayreactor", den "PORNOGRATISXX" oder pfuipfui den "Eselsex"-Server.

Mit dieser Konzentration auf große, meist kommerzielle Server hat sich eine Wandlung des p2p-Netzwerks durchgesetzt, die nicht im Sinne der Nutzer und auch der Erfinder sein kann. Viele kleine Server-Betreiber haben durch die Dominanz der Großen aufgegeben. Denn diese Server sind meist zuverlässig erreichbar und liefern durch ihre große Anzahl an Nutzern auch einen schnelleren Zugriff auf die gewünschten Daten. Statt eines unkommerziellen dezentralen Systems ist ein kommerzielles zentrales System entstanden. Wenige große Serverbetreiber kontrollieren eine Schar von Millionen FileSharing-Nutzern. Das Netzwerk ist dadurch extrem angreifbar geworden. Bereits der Ausfall von wenigen Servern wie am gestrigen Sonntag lässt das gesamte Netzwerk kollabieren.

Und natürlich braucht es auch keiner besonderen Paranoia um zu erkennen: Die entstandene Situation stellt auch eine zusätzliche Gefahr für alle die Leute dar, die urheberrechtlich geschützte Daten über das Netzwerk verschieben. Immerhin besteht die Möglichkeit über den Betrieb solch eines Servers das Verhalten der Nutzer auszuspähen. Und wenn man die Aktivitäten der Film-, Musik- und Softwareindustrie der letzten Monate so betrachtet, dann wäre es durchaus denkbar, dass sich diese nicht mehr ausschließlich auf die Sabotierung des Netzwerkverkehrs beschränkt, indem zum Beispiel in großem Stil defekte Dateiteile eingeschleust werden, sondern über den Betrieb von großen Servern versucht, das Netzwerk zu torpedieren oder auszuspähen.

Es darf spekuliert werden.