Eine mächtige Industrie sieht sich um ihre fetten Einnahmen geprellt. Durch die vielfältigen Tauschbörsen im Internet ginge der Verkauf von Musik-CDs zurück, die Besucher würden weniger ins Kino strömen und auch der Verkauf von Videos und DVDs stagniere. OskarMaria empfiehlt: Kein Mitleid mit dem Gejammer der Unterhaltungslobby.

Vorweggenommen - niemand will die Schöpfer geistigen Eigentums um ihren verdienten Lohn prellen. Schriftsteller, Musiker und Filmschaffende haben einen gesellschaftlichen Anspruch darauf, für ihre Werke auch bezahlt und bei Erfolg sehr gut bezahlt zu werden. Das muss der Gesetzgeber auch sicherstellen. Ob dieser Schutz auch auf die aufgeblasene parasitäre Unterhaltungsindustrie rings um die Künstler herum auszudehnen ist, kann man allerdings getrost bezweifeln.

Stellt die herkömmliche Industrie handfeste Dinge wie zum Beispiel Kühlschränke oder Baumaschinen her, Gegenstände die man in die Hand nehmen kann, die einen gewissen Gebrauchswert besitzen, so ist das mit schriftstellerischen Werken, mit Film und Musik völlig anders. Ein Schriftsteller kann seine Werke auf vielfältige Weise unter die Leute bringen - in einer Lesung direkt an das Publikum, als Buch oder auch als Hörkassette - und heutzutage auch via Internet. Das Buch oder die Kassette als Produkt der Industrie sind nur Informationsträger und können durch beliebig andere ersetzt werden.

Wenn also das Internet als technologische Neuheit die Werke von Künstlern grenzenlos, schnell und qualitativ hochwertig verbreitet, dann bedeutet das nichts anderes, als dass eine ganze Unternehmenssparte einfach sich überholt hat. In vielen Bereichen ist die Verbreitung per Datenträger - also per Buch, Kassette oder per CD durch die Distribution per Internet ersetzt worden. Und das kann man ja nicht wirklich ernsthaft kritisieren.

Dass dabei eine ganze Industrie in Mitleidenschaft gezogen wird, mögen manche zwar bedauern, aber es gibt eben keine gesetzliche Besitzstandsgarantie auf einen bestimmten Geschäftszweig oder eine ganze Branche. Sonst käme vielleicht die Deutsche Post daher und will in Zukunft jedes eMail mit einer Abgabe belegen, weil ihre Postboten durch diese neue Beförderung nicht mehr ausgelastet wären. Oder die Produzenten von alten mechanischen Rechenmaschinen und Registrierkassen hätten vormals gegen die Computerindustrie geklagt, als die elektronischen die mechanischen Geräte abgelöst haben.

Und für den Vertrieb von Musik, Filmen und anderen geistigen Werken im Internet braucht es eben auch keiner aufgeblasenen Industrie. Da reichen einige Diensteanbieter völlig aus, die das Material unter die Konsumenten bringen - schlechte Zeiten für die gesamte Unterhaltungsbranche.

Völlig zu Recht fehlt den Konsumenten jedes Unrechtsbewusstsein, wenn man für seinen Freund schnell mal eine Kopie einer Original-CD brennt oder wenn man sich ohne kommerzielle Interessen aus einer Musiktauschbörse bedient. Denn man nimmt ja niemand anderen eine Sache weg, klaut niemandem nichts, der Begriff Diebstahl oder Raub (-kopie) trifft den Vorgang weder sachlich noch rechtlich korrekt. Und auch die Eltern können ihren Kindern kaum ein Vorbild sein. Denn wer hat nicht als Jugendlicher mal Musik aus dem Radio oder Filme aus dem Fernsehen auf Video kopiert. Was soll eigentlich daran Sünde sein?

Ein Staat, der versucht die Interessen der Unterhaltungsindustrie in diesen Bereichen zu schützen, handelt höchst dumm und fahrlässig. Genau so wenig wie es der amerikanischen Regierung in den Zeiten der Prohibition im letzten Jahrhundert gelungen ist, selbst mit drakonischen Strafen den Konsum von Alkohol zu verbieten, wird es heutzutage dem Gesetzgeber gelingen, den Tausch via Internet völlig zu unterbinden. Denn dort wo bei den Menschen jedes Unrechtsbewusstsein fehlt, ist es schwer restriktive und dazu noch in ihren Auswirkungen Technologie feindliche Gesetze durchzusetzen. Jede neue Einschränkung der Austauschmöglichkeiten setzt ein Heer von Tüftlern und Programmierern in Bewegung, die neue Sicherheitssysteme und Tarnmöglichkeiten für den Austausch entwickeln.

So bleibt dem Gesetzgeber, sich wieder um das eigentliche zu sorgen: Den Schutz der Urheber zu verbessern, also für die einzutreten, für die das Gesetz ursprünglich auch bestimmt war. Dass die Künstler in all dem internationalen Hin- und Hergeschiebe ihrer Werke finanziell nicht zu kurz kommen. Tja - und dabei liegt die Lösung des Problems eigentlich ganz nah. Genau so wie die Privatanwender bei jedem Kopiergerät, bei jedem Brenner und bei jeder CD eine Abgabe an die Verwertungsgesellschaften zahlen müssen, wird das in Zukunft bei den Internetanschlüssen vergleichbar sein. Der private Traffic wird mit einer Zwangsabgabe belegt. Dann setzt sich meine Internetrechnung für die Flatrate etwa so zusammen: Zehn Euro an die Telekom für den Anschluss, zwanzig Euro für den Internet-Dienstleister t-online und fünf Euro an die diversen Verwertungsgesellschaften. Das macht zwar das Surfvergnügen für alle etwas teurer, aber schützt die Benutzer vor rechtlichen Nachstellungen und garantiert den Urhebern ihre Bezahlung.