ImageAm vorletzten Tag des alten Jahres hat das Regierungspräsidium Darmstadt dem Antrag der Fraport AG zugestimmt und die vorzeitige Besitzeinweisung jener Kelsterbacher Grundstücke verfügt, auf die der Flughafen seine vierte Bahn bauen möchte. Es überwiege das öffentliche Interesse, heißt es in der Begründung. Fraport kann jetzt ab dem 12. Januar 2009 mit dem Abholzen des Waldstücks beginnen und muss nicht den Ausgang des Gerichtsverfahrens abwarten, das die Flughafengegner angestrengt haben. Es darf vermutet werden, dass durch vollendete Tatsachen Einfluss auf die Gerichtsentscheidung genommen werden soll. Sowohl ökologisch als auch wirtschaftlich dürfte sich der Bau jener Landebahn zum Desaster entwickeln.

Rund um Frankfurt zieht sich der Grüngürtel, der Stadt wichtigstes Naherholungsgebiet. Die Stadtverordneten beschlossen 1991 den GrünGürtel als Fläche zu entwickeln und dauerhaft zu schützen. Einstimmig. 1994 erklärte Hessen ihn zum Landschaftsschutzgebiet. Und die Vereinten Nationen zeichneten ihn 1996 als gutes Beispiel für nachhaltige Stadtentwicklung aus. Teil des jenes Grüngürtels ist der im Süden gelegene Stadtwald. Seine Fortsetzung findet der Stadtwald auf dem Grund der Gemeinde Kelsterbach und zieht sich dort bis fast zum Main hin (siehe Karte). Der Wald wurde als Bannwald besonders geschützt. Dieser Teil soll jetzt fast komplett abgeholzt werden, zugunsten einer vierten Bahn des Frankfurter Flughafens.

Die geplante Waldrodung stellt einen massiven Eingriff in die Ökostruktur der dicht besiedelten Rhein-Main-Region dar, der nirgendwo mehr ausgeglichen werden kann. Für die Bürger der Stadt Kelsterbach fällt deren Erholungswald ganz weg. Bodenversieglung, zusätzliche Luftverschmutzung und Lärmbelastung tun ihr übriges, um die Lebens- und Wohnqualität der Anwohner zu verschlechtern.

Auch ökonomisch macht der Ausbau wenig Sinn. Im Zeichen knapper werdender Ressourcen ist abzusehen, dass sich der Flugverkehr zukünftig weiter verändern wird. Nahstrecken werden wegfallen und durch schnelle Bahnstrecken ersetzt. Großraummaschinen werden weniger Starts und Landungen verursachen. Und schließlich führen steigende Spritpreise auch zu teureren Flugpreisen, so dass sich die Prognosen auf ständig steigende Passagierzahlen nicht bewahrheiten werden.

Viele hessische Kirchturmpolitiker meinen zudem, dass der Frankfurter Flughafen auch in Zukunft unbedingt seine überragende Stellung in Deutschland als Passagier- und Cargoflughafen behaupten müsse. Für unsere Volkswirtschaft ist es allerdings völlig egal, ob der Flugverkehr sich in Frankfurt konzentriert oder eher gleichmäßig auf andere deutsche Flughäfen verteilt.

Die Politik in Hessen hat den Flughafenausbau bereits abgehakt. CDU, SPD und FDP unterstützen den weiteren Ausbau. Die Grünen sind zwar formal dagegen, beschränken sich im wesentlichen aber darauf, ein striktes Nachtflugverbot noch zu retten. Nur die Linke hält die Fahne der Ausbaugegner hoch.

Beim Bau der Startbahn West kam es Anfang der achtziger Jahre noch zu einer weiten außerparlamentarischen Opposition, die die dritte Bahn zwar nicht verhindern konnte, der Politik aber einiges Kopfzerbrechen bereitete und im Versprechen mündete, dass kein Politiker einen weiteren Flughafenausbau mehr unterstütze. Trotz des Wortbruchs und trotz der massiven Einschnitte in die Landschaft gibt es in der Bevölkerung kaum entschiedenen Widerstand.

Die Gegner , Kommunen, Ökoverbände und betroffene Bürger, konzentrieren sich vielmehr auf Klagen vor dem Verwaltungsgerichtshof Kassel. Doch die Chancen stehen so schlecht, dass die Kläger bereits Befangsheitsanträge gegen die verantwortlichen Richter des Senats gestellt haben. Nur wenige junge Leute haben im Wald ein Hüttendorf errichtet und stemmen sich aktiv gegen die Abholzung. Leider herrscht auch hier Paranoia, der Autor wurde beim Fotografieren des Dorfs behindert und sollte erst ein Bekenntnis abgeben, in welchem Verhältnis er zum Ausbau stünde.

Links:
Bürgerinitiative der Ausbaugegner
Hüttendorf der Waldbesetzer
Dokumentarfilm über Waldcamp
Übersichtskarte zur neuen Landebahn

Image

Auf Plattformen in luftiger Höhe wollen die Waldbesetzer der Abholzung trotzen

Image

Den Erholungswald der Stadt Kelsterbach soll es zukünftig nicht mehr geben

Image

Grüne und anarchistische Parolen vor dem Hüttendorf

Image 

Der Eingang zum Hüttendorf der Waldbesetzer


Image

Spruchbänder im Hüttendorf

Image

Dorfstillleben

Image

Sogar ein großer Wohnwagen fand seinen Platz

Image

Ein voll ausgebautes Baumhaus in vier bis fünf Meter Höhe

Image 

Noch ein Baumhaus etwas niederer gehängt