Medienanwalt Christian Scherz scheint in Berlin bei den Gerichten einen besonderen Status zu haben. Anders sind einige Entscheidungen nicht zu verstehen. Denn nur allzu leicht gelingt es ihm dort, mit einstweiligen Verfügungen zum Erfolg zu kommen.
Zum Beispiel im Fall der No Angel-Sängerin Nadja Benaissa. Da gibt ein Darmstädter Staatsanwalt eine Presseerklärung zu ihrer Verhaftung ab, ein Berliner Landgericht verbietet auf Antrag der Kanzlei Scherz der Zeitung "Bild" die Veröffentlichung. Soviel Irrsinn ist kaum zu glauben - die Weiterverbreitung einer öffentlichen Erklärung einer Justizbehörde wird durch ein Gericht verboten.

Ähnlich gelagert ist ein anderer Fall, über den wir hier berichtet haben. Anwalt Scherz beantragte und bekam eine Verfügung gegen Gerichtsreporter Rolf Schälike auf Basis des Stalker-Paragraphen. Seine häufigen Veröffentlichungen über Anwalt Scherz auf buskeismus.de wurden vom Berliner Gericht als Nachstellungen gewertet. Dabei liegt das in der Natur der Sache. Schälike berichtet in der Regel von den etwas merkwürdigen Entscheidungen der Hamburger Pressekammer und dessen Vorsitzenden Buske. Medienanwalt Dr. Scherz vertritt dort häufig seine Mandantschaft.

Im letzteren Fall scheint das Gericht sich besonnen zu haben und hat die Verfügung aufgehoben, wie Rolf Schälike berichtet. Im Fall der Bildzeitung gibt es noch keine weiteren Informationen.

Diese Vorgänge sind alles andere als banal. Wenn sich Gerichte allzu leicht instrumentalisieren lassen, um private Interessen durchzusetzen, dann verlieren deren Entscheidungen an Bedeutung. Weil sie spätestens in der Berufung sowieso kassiert werden. Im Bereich des Presserechts, wo es meist um kurzfristige Berichterstattung geht, entsprechen solch leichtfertige Entscheidungen eher durchgesetzter Zensur. Kleine Medien und Berichterstatter müssen sich hier beugen, Bild dagegen konnte es sich leisten, das Berliner Urteil einfach zu ignorieren
OskarMaria, 08. Mai 2009