WoboBalkon.jpgIn der Rheinischen Post wies der CDU-Innenpolitiker Wolfgang Bosbach die massive Kritik an dem geplanten ACTA-Abkommen zurück: "Was im realen Leben verboten ist - das Kopieren fremden geistigen Eigentums -, muss auch im virtuellen Leben verboten sein." Bereits bei dem Begriff "Geistiges Eigentum" stößt dabei dem Autor übel auf. Wie kann man mit etwas argumentieren, was es überhaupt nicht gibt?

Der Begriff Eigentum ist überhaupt nicht anwendbar, denn dieser ordnet materielle Güter einem Verfügungsberechtigten zu. Es geht dabei immer um stoffliche Dinge, um materielle Güter, die man meist anfassen und im wörtlichen Sinn auch begreifen kann. Diese Güter kann ich bauen, anpflanzen oder produzieren, kaufen und verkaufen, gebrauchen und verbrauchen. Das Gemeinsame all dieser Dinge ist, dass sie endlich sind. Ihr Wert bestimmt sich darüber, wie knapp sie unserer Gesellschaft zur Verfügung stehen - je knapper, um so höher ihr Wert.

Auf immaterielle "Güter" trifft all das nicht zu. Eine neue Idee wird in dem Moment zum Allgemeingut, wenn sie den Kopf des Produzenten verlässt - sie wird zu einem kleinen Mosaikstein im Fundus unseres gesellschaftlichen Wissens. Und auch Texte, Musik und Filme stehen in der digitalen Welt unbegrenzt zur Verfügung, alles kann beliebig oft, mit geringem Aufwand kopiert und allgemein verfügbar gemacht werden. Sie sind deshalb alles andere als knapp.

Der Begriff "Eigentum" ist bei immateriellen Gütern fehl am Platz. Jede Idee, die ich publiziere, jedes Gedicht, das ich öffentlich vortrage, jedes Liedchen, das ich unter Menschen trällere, jeder Film, den ich via Fernsehen verbreite, gehört mir ab diesem Moment nicht mehr, es wird in unserer digitalen Zeit zum Allgemeingut, das ich nicht mehr zurückholen kann.

Damit all die Produzenten von immateriellen Gütern nicht Not leiden müssen, sondern für ihre Leistungen auch vergütet werden, hat die Gesellschaft besondere Rechtsnormen geschaffen. Beim Urheberrecht, Patentrecht etc handelt es sich um Schutzrechte (eben keine Eigentumsrechte), die sicher stellen sollen, dass bei der kommerziellen Verwertung, die Autoren, Komponisten, Erfinder auch davon profitieren.

Richtig ist - all diese Schutzrechte müssen im digitalen Zeitalter neu definiert werden. Den berechtigten Interessen der Ideenproduzenten und Kulturschaffenden muss Rechnung getragen werden. Genau so wie berücksichtigt werden muss, dass der Wert der immateriellen Güter deutlich gesunken ist. Den kann man nicht durch immer neue Gesetze, durch Einschnitte in unsere bürgerlichen Freiheiten wieder künstlich alimentieren.

Ich meine - es ist genug geschützt, ACTA braucht es nicht. Es ist Aufgabe der Kulturindustrie, durch neue Produkte, durch ein mehr an Service und Informationen, sich neue Märkte zu schaffen. Und zu akzeptieren, dass die bisherigen Geschäftsmodelle auslaufen. Genau so, wie Computer & Internet eine Vielzahl von Berufen und Arbeitsplätzen ausgelöscht hat & sich die dort Beschäftigten neue Arbeitsfelder suchen mussten, wird sich die Contentindustrie neu orientieren müssen.