Kein Oberhaupt einer Region formuliert Meldungen über gefallene Bürger so ganz im Wortlaut der russischen Führung wie Wladimir Uiba, Chef der Republik Komi. Uiba ist von Beruf Wissenschaftler und Arzt, das hindert ihn aber nicht daran, völlig abseits der Fakten zu formulieren. Ein Beispiel:
Liebe Einwohner der Republik.
Während einer besonderen Militäroperation starb unser Landsmann, der Gefreite Nikolai Nikolajewitsch Kowalenko, heldenhaft.
Nikolai Nikolajewitsch wurde in Karaganda geboren. Bevor er am SVO teilnahm, lebte er in Inta. Er diente als Maschinengewehrschütze in einem motorisierten Schützenkommando. Unser Landsmann kämpfte tapfer gegen Neonazis und Söldner des kollektiven Westens und verteidigte die Freiheit und Unabhängigkeit Russlands. Er blieb seiner militärischen Pflicht bis zum Ende treu und erfüllte sie mit Ehre, indem er sein Leben für das Vaterland und unser Volk hingab.
Ich spreche der Familie und den Freunden des verstorbenen Helden mein aufrichtiges Beileid aus. Ich wünsche Ihnen Mut und Kraft, den Schmerz des unwiederbringlichen Verlustes zu ertragen.
Ewige Erinnerung an Nikolai Nikolaevich und ewiger Ruhm für ihn.
Oleg Starostin, 53 Jahre alt, war ein Soldat der russischen Sturm-Z Truppe an der Ukrainefront. Am 20. August wurde er getötet, mehr als zwei Monate später begrub man ihn in seiner Heimat Djatkowo. Im Nachruf heißt es, er hätte seine Militärpflicht bis zum Ende erfüllt.
Das ist eine übliche Redewendung bei den Grabreden und doch befremdlich - impliziert es, dass man erst mit dem Soldatentod alle militärischen Pflichten erledigt hätte.
Unser Oleg war sowieso ein ganz spezieller Charakter. Er war Dauergast in den lokalen Haftanstalten aus den unterschiedlichsten Gründen. Zuletzt wurde er im Mai 2022 zu einer Freiheitsstrafe (übersetztes pdf) von zwei Jahren, acht Monaten in einer Hochsicherheitsstrafanstalt verurteilt.
Er hatte einem Kontrahenten einen Stuhl über den Kopf gehauen, einen Anderen mit der Faust ins Gesicht geschlagen, danach in den Körper getreten und einen Dritten mit einem Küchenmesser bedroht - alles betrunken versteht sich. Solche Kämpfer sind ideales Material für die Einsätze an der Front.
"Ewige Erinnerung und tiefe Verbeugung an den Held Russlands" heißt es in den Kommentaren zur Todesnachricht.
In Sibirien werden verstärkt neue Soldaten geworben. Unter dem Motto "Dein Land braucht Dich" werden die finanziellen Vorteile für die Soldaten aufgezählt, wenn sie nur einen Wehrdienstvertrag unterschreiben:
- Hoher sozialer Status
- Anständige Bezahlung
- Vorteile und Garantien für die ganze Familie.
Die Bezahlung ist wirklich für russische Verhältnisse sehr "anständig". Etwa 8.000 € bei Abschluss des Vertrages, 300 - 450 € monatlich während der Ausbildung, ca. 2.000 € wenn es ernst an der Front wird.
Aber auch an der Front winken Prämien:
- 10.000 € – Inbesitznahme eines feindlichen Abrams-, Leopard- oder Challenger-Panzers;
- 10.000 € – Inbesitznahme eines feindlichen HIMARS;
- 5.000 € – Zerstörung eines feindlichen Abrams, Leopard, Challenger + russischer Geschäftsbonus bis zu 50.000 €;
- 3.000 € - Zerstörung feindlicher HIMARS-, Tochka-U- und Flugzeuge.
Das ist mehr Geld, als die einfache Landbevölkerung durch ihre Arbeit jemals verdienen kann. Daher kommt auch der hohe Zulauf an Freiwilligen zur russischen Armee aus den ländlichen Gebieten. Von Risiken & Nebenwirkungen bei Abschluss des Vertrages ist nirgendwo die Rede.
Anmerkung: Wir haben den Kurs Rubel zu Euro der Einfachheit 100:1 definiert, die Kaufkraft des Rubels ist in Russland deutlich höher.
Ein gutes Beispiel für die Härte der russischen Drogengesetze ist Maxim Mitroschin. Der junge Mann aus einem Dorf der Region Rostow am Don hatte sich via Internet als Drogenkurier verdingt. Von seinem Auftraggeber bekam er ein Versteck genannt, in dem sich in einer Kiste fünf kleine Plastikbeutelchen mit einem Betäubungsmittel befanden - insgesant 1,62 Gramm. Diese sollte er dann in der Stadt Rostow für Kunden in andere Verstecke verteilen. Pro Auftrag sollte er als Bezahlung 200 bis 250 Rubel erhalten, also etwa 2,00 - 2,50 €.
Maxim wurde von der Polizei kontrolliert und durchsucht. Man fand die Beutelchen bei ihm. Im Verhör gestand er alles. Im Juni 2019 wurde er dann von einem Rostower Gericht zu 10,5 Jahren strenger Haft verurteilt.
Natürlich wollte Maxim der langen Haft entgehen, er schloss sich der Gruppe Wagner an und zog in den Ukrainekrieg. Getötet irgendwann bei Bakhmut.
Es braucht nicht unbedingt einen Feind, um im Ukrainekrieg zu sterben. Das stellten Marinesoldaten aus der Region Primorje unter Beweis, die sich nahe der ukrainischen Grenze auf den Kriegseinsatz vorbereiteten.
Auf der Kuzminsky-Truppenübungsplatz in Rostow am Don hatten sich am 3.11.23 in der Mittagspause etwa zwanzig Berufssoldaten aus Wladiwostok um ein wärmendes Feuer versammelt. Den Platz für das Feuer hatten sie etwas unglücklich neben Munitionskisten gewählt. Als dann auch noch eine Panzerabwehrgranate versehentlich in das Feuer rollte, kam es zu einer heftigen Explosion. Acht Soldaten waren sofort tot, acht weitere wurden verletzt und mussten ins Krankenhaus eingeliefert werden. Nur vier der Verletzten überlebten. Nun untersuchen Ermittler des Militärs, wie es zum Unfall und dem Tod von 12 Soldaten kommen konnte.
Veröffentlicht wurde die Tragödie heute von einem großen russischen Internetmedium, das russische Militär hat den Unfall nicht kommentiert.
OM, 30.11.23
Originalmeldung aus dem Bezirk Rovensky, Oblast Belgorod :
Anton Wladimirowitsch Pastuschenko wurde am 15. März 1989 geboren. Nach seinem Schulabschluss im Jahr 2006 trat er in die Moskauer Höhere Kommandoschule für kombinierte Waffen ein und wurde nach seinem Abschluss in die Republik Burjatien geschickt, um dort zu dienen. Im Jahr 2014 diente Anton weiterhin im Donbass und nahm an den Kämpfen um den Ilovaisk-Kessel auf dem Territorium der DVR teil, wofür er mit der Suworow-Medaille ausgezeichnet wurde.
Seit Februar 2022 nimmt er am SVO teil. Für die Erfüllung eines Kampfauftrags zum verlustfreien Abtransport von Personal und Ausrüstung wurde ihm die Medaille „Für Mut“ verliehen. Nach seiner Verwundung diente er weiterhin als Kommandeur einer UAV-Einheit – Navigator im Rang eines Gardemajors.
Die Originalmeldung:
Heute haben wir unseren Krieger, Gefreiter Rodion Nikolaewitsch Glebow, auf seiner letzten Reise begleitet.
Rodion Nikolaevich wurde in Sewastopol geboren und wuchs dort auf. Er absolvierte die Schule Nr. 15 im Bezirk Gagarinsky und studierte anschließend an der Hochschule für Informationstechnologien und Industrie in Sewastopol. Nach seinem College-Abschluss wurde er in die Reihen der russischen Streitkräfte eingezogen. Nach dem Militärdienst entschloss er sich, einen Vertrag mit den russischen Streitkräften abzuschließen und wurde in die Zone einer speziellen Militäroperation geschickt. Wie Verwandte sagen, traf er diese Entscheidung, weil er immer versuchte, wie sein älterer Bruder zu sein, der jetzt auch Kampfeinsätze in der Zone des nördlichen Militärbezirks durchführt. Er war ein Patriot seiner Heimat und Sewastopols.
Rodion Nikolaevich diente als Fahrer eines Kommando- und Stabsfahrzeugs. Er starb heldenhaft in Richtung Cherson.
Erinnern wir uns an unseren Helden!
Ilja Michailowitsch Iwanow, geb. 26.05.1994, wohnte 2020 noch bei seiner Großmutter. Im Mai 2020 hatte er zwei Probleme - seinen Alkoholkonsum und kein Geld. Das löste er auf Kosten seiner Großmutter - er klaute ihren LCD-Fernseher. Das Geld vom Pfandleiher legte er in Alkohol an.
Im Herbst meckerte die alte Frau über die Lautstärke eines Saufgelages, das ihr Enkel im Nachbarzimmer veranstaltete. Aus Ärger darüber erwürgte der seine Großmutter im Bett. Ein Gericht der Region Smolensk verurteilte Ilja im Juli 2021 zu 12 Jahren Lagerhaft.
Diese Zeit musste er nicht absitzen, er verdingte sich zum professionellen Töten bei der Gruppe Wagner, am 23. Januar 23 war dann auch für ihn .
Wer als Soldat in den Krieg zieht, muss damit rechnen, nicht lebend wieder nach Hause zu kommen. Zuhause hoffen die Angehörigen häufig auf ein Wunder, wenn Lebenszeichen von der Front ausbleiben. Nachstehend ein Beispiel für viele Fälle, denen wir so begegnen:
Anja Andreeko schreibt im Forum "Militärkrankenhaus" am 28.08.23
"Ich suche meinen Bruder! Militärangehöriger, Magomed Novruzowitsch Gasanovw, geboren am 23.02.2000 Er liegt irgendwo im Krankenhaus, mit einer Gehirnerschütterung, Gedächtnisverlust und einer Kopfverletzung. Bitte helfen Sie mir, ihn zu finden."
Ein staatliches Sozialportal aus dem Bezirk Magaramkent, teilt am 19.10.23 lapidar mit:
"Am 23.02. starb während der Ausübung des Militärdienstes während einer besonderen Militäroperation in der Ukraine ein Soldat, ein aus dem Dorf Novy aul in der Region Magaramkent der Republik Dagestan stammender Soldat, Oberleutnant Magomed Novruzovich Gasanov. Geboren im Jahr 2000, nicht verheiratet. Deine Leistung ist unsterblich, Soldat! "
Aus Sewastopol auf der Krim erreichen uns folgende Nachrufe im Originaltext:
Heute verabschiedete sich Sewastopol von zwei unserer Soldaten – dem Gefreiten Konstantin Evgenievich Vysharenko und dem Freiwilligen der Sturm-Z-Abteilung Sergei Valerievich Vidnichuk.
Konstantin Evgenievich Vysharenko wurde in Sewastopol geboren und wuchs dort auf. Er absolvierte die Schule Nr. 35, studierte dann an einer Berufsschule und erhielt mehrere Berufsausbildungen – Automechaniker, Mechaniker, Schiffsreparaturmann.
Er erhielt eine höhere juristische Ausbildung, arbeitete aber weiterhin in Arbeiterberufen. Er war ein Patriot Russlands und seiner Stadt. Im September unterzeichnete er einen Vertrag mit dem Verteidigungsministerium und wurde einer Angriffseinheit zugeteilt. Konstantin Evgenievich starb heldenhaft Anfang Oktober während der Offensive unserer Truppen im Bezirk Skelevaty der Region Saporoschje.
Sergei Valerievich Vidnichuk ist ein Kämpfer der Freiwilligenabteilung Storm Z. Er ist ebenfalls in Sewastopol geboren und aufgewachsen. Zuerst besuchte er die Schule Nr. 22 und machte meinen Abschluss an der Schule Nr. 49. Anschließend studierte er an der Marineschule in Sewastopol. Er arbeitete auf Baustellen in der Stadt und führte Renovierungsarbeiten durch. Sergei Valerievich stolperte in diesem Leben und landete für kurze Zeit in einer Justizvollzugsanstalt. Er beschloss, seine Schuld zu büßen und unterzeichnete im Frühjahr 2023 einen Vertrag mit dem Verteidigungsministerium. Gestorben in der Region Marinka der DVR.
Medet Akischew, Kasache mit Universitätsabschluss in Geschichte, berichtet auf VKontakte regelmäßig über den Tod ethnischer Kasachen, die als Bürger Russlands im Krieg gegen die Ukraine sterben. Aktuell hat er sich zur Situation seiner Landsleute in Russland folgendermaßen geäußert:
Es wurde nun genau festgestellt, dass wir zusätzlich zu den getöteten 520 ethnischen Kasachen etwa 2.000 hoffnungslos verkrüppelte und behinderte Menschen vorfinden, von denen viele noch immer bewusstlos sind, einige ohne Beine, Arme, Augen und einigen wurde sogar der halbe Kopf weggeblasen.
Im Augenblick sind viele ethnische Kasachen Russlands eher daran interessiert, die 8 Millionen Sarggeld zu erhalten, anstatt ihre Lieben zu retten.
Ethnische Kasachen denken möglicherweise darüber nach, wenn die Zahl der Todesopfer über 20.000 liegt. Dann können sie ihre Unzufriedenheit gegenüber den Behörden und Putin persönlich zum Ausdruck bringen. Jetzt ist es sinnlos, ihnen etwas zu erklären, sie glauben, dass sie Kiew einnehmen werden und Russland siegen wird.
Keine wichtige Geschichte, sondern nur eine kleine Episode aus all den kruden Geschehnissen, die wir als Chronisten immer wieder lesen müssen.
Juri Viktorowitsch Tschischko, geb. 02.09.1984, kommt aus Dalmatowo, Region Kurgan. Auch er gehörte zu den Wagner-Söldnern, die aus der Haft für den Kriegseinsatz rekrutiert worden waren und hat an der Front den Monat April 23 nicht überlebt.
Er war Soldat im Tschetschenienkrieg und scheint wohl aus der Gesellschaft gefallen zu sein. Zwischen 2020 und 2022 wurde er mehrfach zu kleineren Strafen verurteilt, bis er dann am 11.04.2022 wegen zwei weiteren Diebstählen die volle Härte des Gesetzes zu spüren bekam - er bekam 2,5 Jahren Knast aufgebrummt.
Juri hatte im November 2021 zweimal das Olimpiysky-Geschäft an der Adresse Dalmatowo, Gagarina Str. 84 beklaut. Im ersten Fall hatte er eine 1,5 Liter-Flasche Bier der Marke „Starkes Glück“ für 105 Rubel aus der Vitrine gestohlen, im zweiten Fall eine Flasche „tschechisches“ Bier "Bochkarev light“ mit 1,25 Liter für 87 Rubel.