Eduard Jurowitsch Batotsyrenow war ein anerkannter Wissenschaftler am Baikal-Institut für Umweltmanagement in Ulan-Ude in Burjatien. Er wurde am 27. September 1978 in einem Dorf in Burjatien geboren und studierte ab 1995 an der Universität in Tomsk mit dem Schwerpunkt Geographie-Ökologie. Eduard veröffentlichte zahlreiche wissenschaftliche Arbeiten zu Flora, Geographie und Umweltproblemen Burjatiens. Er war wohl ein talentierter Forscher und initiierte auch Reisen zu den archäologischen Stätten der Republik.
Ab 2020 war er beim Baikal-Institut angestellt und spezialisiert auf die Bereiche Geoökologie, ökologischer Tourismus, Naturschutz und Freizeitumweltmanagement.
Privat hatte Eduard drei Söhne und war der Ex-Ehemann der burjatischen Umweltministerin Natalya Tumureeva.
Aus unbekannten Gründen zog es auch den Ökologen in den Krieg gegen die Ukraine. Er meldete sich im Sommer 2023 freiwillig zum russischen Militär und bereits im Herbst brach der Kontakt zu seiner Familie ab. Am 12. Oktober wurde er getötet und es dauerte eine ganze Weile bis seine Angehörigen die Nachricht erhielten. Am 4. Juni 24 soll auch Eduard endlich bestattet werden.
Nachtrag: Das ist bereits der dritte russische Ökologe, den wir kennen und der in den Krieg gezogen ist. Vorher hatten wir über Michail Alexejewitsch Mitrochow aus Baschkirien und Maxim Perewezentsew aus Swerdlowsk berichtet.
Söldnertum ist auch in Kasachstan verboten. Die Regierung des Landes will sich im Krieg Russlands gegen die Ukraine neutral verhalten, wer am Krieg teilnimmt riskiert eine Freiheitsstrafe von fünf bis neun Jahren. Und doch dürften die ethnischen Kasachen die größte Gruppe stellen, die auf Seiten Russlands sterben. Medet Akischew veröffentlicht regelmäßig die kasachischen Männer, die im Krieg gefallen sind über seinen VKontakte-Account.
Ein pro-russischer Telegram-Kanal aus der besetzten ukrainischen Hafenstadt Kertsch berichtet, dass am 17. Mai 24 ein kaschischer Bürger in Kertsch begraben wurde. Auch er war im Krieg gefallen und hatte sich wohl mit seinem Kriegsdienst einen russischen Pass eingehandelt.
Wladimir Nikolajewitsch Tischtschenko (Foto) wurde am 18. Juni 1991 in Kasachstan, Region Dschambul, Bezirk Kordai, Dorf Karasu geboren. Nach der Schule trat er in die Armee ein und diente 2013 am Militärinstitut für interne Truppen des Innenministeriums der Republik Kasachstan in der Stadt Petropawlowsk. 2016 verließ er seine Heimat Kasachstan. Wir wissen dass solche Einwanderer aus den südlichen Staaten der ehemaligen Sowjetunion in Russland nicht gut gelitten sind. In der Todesnachricht wird das dann so formuliert: "Im Interesse seiner Familie und seiner Kinder beschloss er, sich für die Sicherheit des Landes einzusetzen. Im September 2022 trat Wladimir in die Reihen der russischen Armee ein und leistete seinen Militärdienst mit Ehre und Würde. An der Front fand der Soldat eine andere Familie – seine Kameraden."
Die Republik Altai grenzt an Kasachstan, China und Mongolei. Sie liegt malerisch im Altaigebirge, ist aber dünn besiedelt. Nur etwas über 200.000 Menschen leben dort. Gemessen an der Bevölkerung sterben sehr viele der Bewohner im Krieg gegen die Ukraine.
Aus der Republik Altai zog es auch Andrej Nikolajewitsch Baschin in diesen Krieg. Er hatte den Beruf eines Maurers und Gas-Elektroschweißers erlernt, war 47 Jahre alt und meldete sich freiwillig zum Kriegsdienst. Im Dezember 2022 wurde er Teil der Freiwilligenabteilung Bars, wahrscheinlich für ein halbes Jahr. Und weil die Sache für ihn gut ging, unterschrieb er am 1. Dezember 23 einen Einjahresvertrag mit dem russischen Militär. Den konnte er nicht bis zum Ende erfüllen, am 20. Mai wurde er im Dorf Myama im Altai beerdigt.
In der russischen Region Swerdlowsk gibt es eine Stadt mit dem schönen Namen Asbest. Von dort kam Sergej Michailowitsch Korotajew, der im Jahr 2004 wegen eines Raubüberfalls und Doppelmordes zu 25 Jahren Haft verurteilt wurde. Ende 2022 beantragte der Mann, die verbleibende Strafe durch Zwangsarbeit zu ersetzen, was abgelehnt wurde.
Eine neue Chance auf Freiheit ergab sich durch die Sturm-V Einheiten. Ende September 2023 verpflichtete sich Sergej bei einem solchen Selbstmordkommando und einen Monat war er dann auch erwartungsgemäß tot. Oder auch nicht - die Militäreinheit verdächtigte ihn, ein Deserteur zu sein.
Das brachte seine Familie in Aufregung, denn dann bliebe ja die erwartete Todesprämie aus. Also befragten seine Angehörigen die Kameraden von Sergej, wo er denn geblieben sei. Es stellte sich heraus, dass er tatsächlich getötet worden war. Seine Kollegen hatten ihn gleich an Ort und Stelle begraben, damit keine Tiere ihn fressen sollten.
Am 15. Mai wurde Sergej schließlich ganz offiziell und mit Salutschüssen in Asbest begraben.
Tariq Al Asaad kam aus dem Bezirk Al-Maafer im Jemen. Er hatte sich als Söldner dem russischen Militär angeschlossen und kämpfte an der Front in der Nähe von Kreminna.
Tariq hatte sich im Herbst 2023 für den Kriegsdienst gemeldet. Dafür gab es eine gute Bezahlung und den russischen Pass. Den wird er nicht mehr brauchen, er wurde in der ersten Woche des Monats Mai getötet. Seine Frau und sein Sohn leben in Moskau.
Wir haben unserer Liste der Zusammenstellungen anderer Medien eine weitere Region zugefügt. Die kritische Initiative Vornadzor hat eine neue Liste veröffentlicht. Sie hat für die Region Woronesch insgesamt 852 Menschen gefunden, die im Krieg gegen die Ukraine getötet wurden. Leider ist die Liste sehr spartanisch ausgeführt und verlinkt nicht auf die Originalinformation.
Kanasch ist eine Stadt mit ca. 45.000 Einwohnern in der russischen Teilrepublik Tschuwaschien. Eine Sekundarschule der Stadt hat im Mai feierlich einen Heldenschreibtisch eingeweiht. Der ehemalige Schüler Maxim Wladislawowitsch Eremejew war am 26. März bei einem russischen Angriffsversuch gestötet worden. Seine Schwester durfte während der Feier an diesem Heldenschreibtisch sitzen (Foto). Die Schule schreibt dazu: "Wir sind stolz darauf, dass ein so heldenhafter Mensch wie Maxim Wladislawowitsch Eremejew an unserer Schule studiert hat. Seine Leistung wird unsere Schüler dazu inspirieren, in Studium und Sport hohe Ergebnisse zu erzielen und die besten Persönlichkeitsmerkmale zu entwickeln."
Gewagte Äußerungen, denn besonders intelligent kann Maxim nicht gewesen sein. Er hatte sich im November 22 für ein Jahr beim Militär verpflichtet und war am 14.11 23 vertragsgemäß entlassen worden. Statt froh zu sein, das eine Jahr überlebt zu haben, zog er am 26. Februar 24 erneut in den Krieg - für genau einen Monat.
Die Behörden von der kleinen russischen Teilrepublik Kabardino-Balkarien hatten für das Jahr 2022 Entschädigungszahlungen für 85 im Krieg gegen die Ukraine getöteten Bürger bezahlt. Wir kannten nur die Namen von 62 Personen, 23 blieben unbekannt. Jetzt ist wieder ein neuer Name aufgetaucht.
Oberleutnant Alan Gedgagow wäre in der Ukraine im Jahr 2022 getötet worden, schrieb die Verwaltung der Region Tersky am 9. Mai in ihrem Telegram-Kanal und berichtete über die Eröffnung von Gedenktafeln für Teilnehmer im Krieg gegen die Ukraine an einer Schule im Dorf Werchnij Akbasch. Laut Tafel wurde Alan am 18.05.1998 geboren und am 29.09.2022 getötet.
Es sind immer wieder die selben Geschichten, von denen wir hier berichten müssen. In der Region Perm gibt es das Städtchen Dobrjanka mit über 30.000 Einwohnern. Es liegt malerisch am Ufer der Kama, die dort zu einem großen See aufgestaut ist. Aus einem Dörfchen der Region kam Wjatscheslaw Alexandrowitsch Bachmatow, geboren 1996. Er hatte offensichtlich keinen Beruf gelernt, arbeitete nach dem Wehrdienst als Zimmermann, Betonarbeiter und als Mechaniker. Am 21. Januar 24 unterschrieb er beim Militär für den Kriegsdienst, am 26. Februar war er tot.
Im Nachruf fabuliert dann eine lokale Internetseite: "Mit brennenden Augen ging er los, um sein Heimatland zu verteidigen. Er betrachtete es als seine Pflicht und Ehre. Er sagte: Wer sonst, wenn nicht ich. Er kämpfte immer für Gerechtigkeit und liebte die Ordnung in allem. Im Herzen war er ein sehr bescheidener und verletzlicher Mensch."
Alexej Bazujew stammt ursprünglich aus Gain, Bezirk Komi-Permyak in der Region Perm. Der junge Mann lebte in Perm, arbeitete als Hausmeister in einer der Kirchen der Regionalhauptstadt und arbeitete als Taxifahrer. Alexey Bazuev hat vor kurzem geheiratet, seine Frau erwartet ein Kind. Aber er hatte keine Zeit, sein Erstgeborenes zu sehen, er meldete sich vor weniger als einem Monat freiwillig für den nördlichen Militärbezirk. Und er ist gestorben. Der verstorbene Soldat hinterließ eine schwangere Frau und eine kranke Mutter.
ProPerm.ru vom 12.05.24
Viele Nachrichten über gefallene Soldaten werfen mehr Fragen auf, als sie beantworten. Nadja Chomjuk aus Moskau schreibt zum Beispiel auf VKontakte: "Mein Bruder, Alexej Wladimirowitsch Simakow, geboren am 27.01.1975, ging am 05.03.2023 in den nördlichen Militärbezirk, war in Bachmut, verwundet am 06.02.2023, lag 10 Monate im Koma. Gestorben am 04.03.2024." Das ist traurig genug.
Dazu veröffentlicht sie das Foto eines jungen Mannes, das definitiv nicht zum Alter des Soldaten passt. So etwas kommt hin und wieder vor, die Menschen wollen ein positives Bild ihrer getöteten Angehörigen zeichnen. Die wahrscheinlichste Möglichkeit dürfte sein, dass es sich um einen in einer Strafanstalt rekrutierten Söldner der Gruppe Wagner handelt. Von langjährigen Insassen der Lager gibt es selten aktuelle Fotos. Dazu passt auch das Datum seiner schweren Verletzung und der Ort - die Gruppe Wagner stürmte unter schweren Verlusten Bakhmut zu dieser Zeit.
Die Geschichten im postsowjetischen Raum sind manchmal kompliziert. Da hätten wir den turkmenischen Staatsbürger Sergej Grigorjan. Der junge Mann wurde 1997 in Turkmenistan geboren, kommt aber aus einer armenischen Familie. Seine Mutter arbeitet als Krankenschwester in einer Kinderklinik in Türkmenbaşy, einer Hafenstadt am Kaspischen Meer in Turkmenistan.
Im Herbst 2022 verpflichtete sich Sergej beim russischen Militär für ein halbes Jahr und zog in den Krieg gegen die Ukraine. Er wurde verwundet und lag in Donezk im Krankenhaus. Seinen Militärvertrag verlängerte er nicht. Mit den 15.000 Dollar Sold kam er zurück nach Turkmenistan und kaufte seiner Mutter eine Einzimmerwohnung in Türkmenbaşy.
Auf Instagram veröffentlichte Sergej seine Abenteuer und machte so die örtliche Justiz auf sich aufmerksam. Denn auch in Turkmenistan ist Söldnertum verboten. Allein für Söldnertum sieht das Strafgesetzbuch eine Strafe von sieben bis zehn Jahren Gefängnis vor. Wenn nachgewiesen wird, dass der Soldat während des Krieges jemanden getötet hat, erhöht sich die Haftstrafe auf 10 bis 25 Jahre mit oder ohne Vermögensbeschlagnahme.
Also verkaufte Sergejs Mutter die Wohnung wieder, um mit dem Geld die örtliche Polizei zu schmieren, damit diese beide Augen im Fall von Sergej zudrücken. So blieb der junge Mann unbehelligt.
Ein Journalist fragte ihn zuletzt, warum Sergej nicht für seine historische Heimat Berg-Karabach gekämpft habe. Er antwortete, dass die meisten seiner Freunde Aserbaidschaner seien und er sich daher nicht an diesem Konflikt beteiligen könne.
Wie gesagt, die Geschichten im postsowjetischen Raum sind kompliziert.
Zur Orientierung - Ussurijsk ist eine Großstadt in der Region Primorje im Fernen Osten Russlands. Die Stadt hat etwa 180.000 Einwohner, sie ist 60 km von der chinesischen Grenze und genau so weit vom pazifischen Ozean entfernt.
In einem lokalen Telegram-Kanal wurde jetzt ein Video veröffentlich, das kurz und knapp 75 Namen mit Foto und Geburts-, bzw. Sterbedatum von im Krieg gegen die Ukraine getöteten Soldaten aus Ussurijsk nennt. Wir haben drei fünf Namen nachgetragen.
Das Höhlenkloster Mariä Himmelfahrt in Pskow-Petschory gehört zu den größten und berühmtesten Klöstern Russlands. Petschory ist eine Kleinstadt in der Region Pskow mit ca. 11.000 Einwohnern, die direkt an der Grenze zu Estland liegt. Bis 1945 gehörte der Ort noch zum unabhängigen Estland, deshalb wurde das Kloster auch während der revolutionären Phase der Sowjetunion niemals geschlossen. Man nimmt an, dass im 15. Jahrhundert das Kloster durch russisch-orthodoxe Mönche gegründet wurde, die in selbst gegrabenen Höhlen lebten.
Timofej Litwinow arbeitete als Novize in diesem Kloster und trat dann danach in das dortige Priesterseminar ein. Im ersten Jahr brach er seine Ausbildung ab und zog in das Kriegsgebiet - warum auch immer. Jetzt ist er tot - das Kloster klammert sich noch an einen Strohhalm, denn offiziell gilt er als vermisst. Das Kloster und die Gemeinde hoffen noch immer auf seine Rückkehr und bitten, in aller Stille für ihn zu beten.
In der Stadt Dalneretschensk scheint es einige Videokünstler zu geben, die miteinander konkurrieren. Kaum hatten wir die erste Notiz dazu geschrieben, sind wir über zwei weitere Filme gestolpert mit jeweils anderer Anmutung, aber dem selben Inhalt.
Die meisten der gezeigten Personen überschneiden sich in den drei Videofilmen, aber in jedem Film haben wir Kriegsopfer gefunden, die wir bisher nicht notiert hatten. Und diese Fingernägel!
Die Informationen über russische Kriegstote kommen aus den unterschiedlichsten Quellen. Immer öfters veröffentlichen Institutionen und Privatpersonen Videos über gefallene Soldaten. Da meist dilettantisch fabriziert, dazu noch extrem zeitraubend, würden wir gerne auf solche Informationen verzichten, was leider nicht geht.
Der Bezirk Dalnertschenskij und die Stadt Dalneretschensk haben zusammen knapp 40.000 Einwohner. Der Bezirk liegt etwa in der Mitte der Region Primorje und grenzt im Nordwesten an China. Auch aus dieser Region wurde ein achtminütiges Video über die Opfer des Krieges gegen die Ukraine erstellt. Wir haben im Film 33 getötete Soldaten gezählt, davon waren uns sechs bisher unbekannt.
Da die gefallenen Soldaten meist im Zusammenhang mit Angehörigen gezeigt werden, kann man erkennen, aus welchen gesellschaftlichen Schichten die Kriegsopfer kamen.