Zum ersten Mal können wir eine Übersicht über alle russischen Regionen vorlegen. Und wir zeigen damit auf, dass unsere bisherigen Hochrechnungen auf Basis von über 80% der Bevölkerung ziemlich exakt die Situation für ganz Russland wiederspiegelten.
In den 66 Regionen Russlands oder 82% der Bevölkerung haben wir Stand 15.10.23 insgesamt 27.896 russische Kriegstote namentlich vorgestellt. Hochgerechnet auf ganz Russland ergibt das 34.100 gefallene Soldaten, die Zahl entspricht etwa unserer internen Datenbank für ganz Russland mit 33.980 Kriegsopfern. Unsere Zusammenstellung im Einzelnen:
Summe aller Regionen Russlands entspr. unserer Liste | 30.624 |
Krim (noch nicht veröffentlicht) |
302 |
Wagner Friedhof bei Krasnodar |
688 |
Wagner Söldner ohne Region | 209 |
Unbekannte Region* | 2.157 |
Gesamtzahl aller erfassten Kriegstoten |
33.980 |
*Unter unbekannte Region fallen auch gefallene Soldaten aus anderen Ländern, meist abgespalten von der Sowjetunion, die wir nicht einzeln dokumentieren. Dazu kommen noch ukrainische Bürger, die auf Seiten Russlands kämpften. Und dabei sind jene Kriegstoten der neu aufgenommenen Regionen, die über sechs Wochen im Mai/Juni 23 nicht zugeordnet wurden.
Im Berichtszeitraum gibt es keine neuen Meldungen durch die lokale Initiative, die die Friedhöfe der Region Krasnodar nach nicht bekannt gewordenen Kriegstoten überprüft. Wir hoffen, dass das nicht so bleibt und Krasnodar weiter als Referenz für unsere Gesamtabschätzung erhalten bleibt.
Allgemeine Situation
Wir beobachten jetzt die Situation in allen Regionen Russlands. Alle registrierten Kriegstoten stammen aus offenen Quellen und werden von uns auf die Originalinformation verlinkt. Es kann allerdings vorkommen, dass diese von den Verfassern nachträglich gelöscht werden. In diesem Fall liegt uns ein Screenshot vor.
Die nebenstehende Tabelle zeigt die gefallenen russischen Soldaten pro 100.000 Einwohner Russlands - eine beinahe lineare Entwicklung auf inzwischen 23,6 Kriegstote. Seit Anfang des Jahres hat sich dieser Wert mehr als verdreifacht.
Zusatzinformationen
Wir nehmen in die Statistik nur solche Kriegstote auf, bei denen es Hinweise auf eine russische Heimatregion gibt. Alle anderen werden als unbekannte Region geführt. Häufig kommen die Nachrichten von Verwandten, Kollegen oder Soldaten aus dem selben Trupp. Fehlt ein Hinweis auf den Lebensmittelpunkt, nehmen wir an, dass der getötete Soldat aus der selben Region wie der Berichterstatter stammt. Das muss nicht immer zutreffen.
Alle weiteren Informationen sind statistisch wenig aussagekräftig. Man kann schon froh sein, wenn der Name in der Todesnachricht genannt wird, statt unser Vater, Bruder, Schwager oder ein Kosenamen. Auch lange Texte enthalten häufig wenig Verwertbares. Wer genauere Informationen über Alter, Beruf, militärischer Rang, Todesort usw haben möchte, müsste danach sehr umfangreich recherchieren. Das ist uns in diesem Zusammenhang nicht möglich.
Tabellen
Zum Zwecke der Übersichtlichkeit haben wir alle Tabellen in gesonderten Dateien untergebracht.
- Kriegstote nach Regionen - bisherige Zusammenstellung entsprechend 82 % der Bevölkerung
- Kriegstote nach Regionen - Zusammenstellung aller russischen Regionen
- Sortiert nach absoluten Zahlen
- Sortiert nach Anteil an der Bevölkerung
Abschätzung Gesamtzahl aller russischen Kriegstoten
Wir wissen, dass wir mit unseren Zahlen nur bedingt die Realität abbilden. Viele Kriegstote werden öffentlich verschwiegen. Das bringt uns zu folgenden Überlegungen:
- Der ehemalige russische Offizier Vitaly Votanovsky hat die Friedhöfe in der gesamten Region Krasnodar aufgesucht und dabei die Gräber von Kriegstoten ermittelt, die von den Medien nicht veröffentlicht wurden. Man kann also davon ausgehen, dass zumindest in dieser Region die meisten gefallenen Soldaten auch erfasst wurden. Insgesamt haben wir in Krasnodar (Stand 15.10.23) 1.167 gefallene Soldaten gelistet, davon wurden 699 in den Medien veröffentlicht, Vitaly Votanovsky oder seine Mitstreiter haben bis zu diesem Zeitpunkt die Gräber von 468 weiteren Gefallenen aufgezählt. Das bedeutet, dass in der Region Krasnodar gerundet etwa 60% aller Kriegstoten durch die Medien veröffentlicht wurden.
- Auch am Beispiel der Toten von Makijiwka ergeben sich ähnliche Relationen. 89 tote Soldaten wurden gemeldet, wir haben 137 gelistet, das ergibt etwa 65 Prozent der öffentlich gemachten Opfer.
- BBC/Mediazone stellten ähnliche Überlegungen an. Sie sind auf Grund von Besuchen auf russischen Friedhöfen zum Ergebnis gelangt, dass die tatsächlichen Todeszahlen etwa doppelt so hoch sind, wie die veröffentlichten. Durch Berechnungen eines Statistikers, der u.a. die Übersterblichkeit in Russland mit einbezogen hat, näherten sich deren Zahlen bis Juni 23 unseren Annahmen an. Neuere Abschätzungen gibt es nicht.
- Die Kriegstoten stellen aber nur einen Teil der Opferzahlen dar. Viele Soldaten wurden schwer traumatisiert – an Körper und Seele. Die BBC trifft dazu folgende Aussage: Nach Beobachtungen des US Center for Naval Analysis kommen auf jeden russischen Soldaten, der während des Krieges in der Ukraine getötet wurde, im Durchschnitt etwa dreieinhalb Verwundete.
Daraus ergeben sich folgende Abschätzungen: bis 57.000 russische Kriegstote, bis 190.000 Kriegsverletzte.
Vergleichszahlen:
Zum Schluss wollen wir noch die Vergleiche mit anderen Kriegen. Damit jedem Leser auch die Dramatik der aktuellen Todeszahlen bewusst wird. Bitte beachtet, dass diese Zahlen nur die Kriegstoten jener genannten Länder benennen, die Opfer unter den Soldaten der betroffenen Ländern wesentlich höher sind, von der Zivilbevölkerung ganz zu schweigen.
Vergleichszahlen | USA | Sowjetunion | Russland |
Koreakrieg 1950-1953 | 40.000 | ||
Vietnamkrieg 1963 – 1973 | 58.220 | ||
Afghanistan 1979 – 1989 | 14.500 | ||
1. Tschetschenienkrieg 1994 – 1996 | 14.000 | ||
2. Tschetschenienkrieg 1999 – 2009 | 3.684 | ||
Irakkrieg 2003 – 2011 | 5.272 | ||
Afghanistan 2001 – 2021 Gesamte US-geführte Koalition Inkl. Private Sicherheitsdienste |
7.263 |
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