ZigaretteVor einem Jahr haben wir ein Zitat von Kurt Tucholsky zum Thema gemacht. "Der Tod eines Menschen: das ist eine Katastrophe. Hunderttausend Tote: das ist eine Statistik." Bei unserer Dokumentation russischer Kriegstoter sind wir schon lange bei der Statistik angekommen, aber immer wieder wollen wir auf all die Grausamkeiten jenes Krieges - besser jedes Krieges - aufmerksam machen. Diese zeigen sich in den Schicksalen der von der entfesselten Gewalt betroffenen Menschen

Der Mann mit der Zigarette ist ein russischer Soldat. Er ist eigentlich kein Opfer, sondern ein Täter in einem verbrecherischen, völkerrechtswidrigen Krieg. Sein Name ist Rustam Lomako und er kommt aus der russischen Großstadt Tscheljabinsk. Vermutlich hat er 2019 seine Frau Ksenia geheiratet. Warum er als Soldat in den Krieg gezogen ist, bleibt uns unbekannt. Sicher ist dagegen, dass er irgendwo im Donbass sein Leben gelassen hat. Verwundet, von seinen Kameraden im Stich gelassen, ist er auf ukrainischer Erde ganz elendiglich gestorben.

Beobachtet wurde das alles von einer ukrainischen Überwachungsdrohne. Das Video wurde online gestellt, wie so viele ähnliche Filmchen und in den sozialen Medien geteilt. Dort hat seine Frau Ksenia ihren Mann erkannt. Ihre Suchanfrage auf VKontakte wollen wir hier dokumentieren:

Hallo.

Es gibt ein Video, in dem ein Mann mit einer Schrapnellwunde zu sehen ist, der dann eine Zigarette raucht. Das ist mein Mann, und Worte können nicht beschreiben, was ich gestern durchgemacht habe. Gestern wurde bestätigt, dass er von einem Quadcopter gefunden wurde. Er liegt dort schon seit 11 Tagen. Tot im Todeskampf.

Einem seiner Kameraden zufolge sagte er, er wolle nach vorne gehen, damit sie zusammen Verletzte zurückholen können. Aber sie hatten Angst, ihm zu folgen.

Obwohl das Video zeigt, wie er erst über Funk um Hilfe bittet und sich dann selbst hilft. Seit dem 18. Dezember suche ich allein nach meinem Mann, niemand hat mir etwas gesagt oder mich angerufen.

Der Kommandeur des Regiments, Danila 80, Division 90, der sagte, dass jemand wie ich nicht einmal zurückrufen sollte, obwohl er nicht ein einziges Mal angerufen hatte und nichts erklärte. Bis heute ist mein Mann nicht herausgeholt worden, er ist dort völlig allein. Und wann sie ihn rausholen, wissen sie auch nicht.

Was ich damit sagen will: Vertraue niemals Menschen, wie ich es einmal getan habe, bis ich das Video gesehen habe. Die Leute fingen sofort an, mich zu suchen und sich zu rechtfertigen, dass sie ihm nicht helfen könnten, obwohl einer sagte, dass man aus Angst nicht hingehen wolle.

Mein Mann hatte aber keine Angst. Mein Geliebter, mein Schatz, ich kann dir nicht sagen, wie schwer es für mich jetzt ohne dich ist, wie ich leben kann in dem Wissen, dass du gelitten hast. Du sollst wissen, dass meine Tochter und ich stolz auf dich sind, es tut mir leid, dass ich dich nicht retten konnte, du bist stur und bist immer nur vorwärts gegangen. Der Teddybär, den unsere Tochter dir geschenkt hat, konnte dich nicht beschützen. Ich weiß nicht, ob ich glauben soll, dass sie gesagt haben, sie hätten dich gefunden und du liegst da, aber du bist nirgendwo.