OM50.000 tote russische Soldaten und kein Ende in Sicht

Die Zahl 50.000 haben wir nur knapp verpasst, da wir über Ostern angenehme Tage und nicht mit dem Zählen von Kriegstoten verbringen wollten.  Deshalb stammt unser Abschluss diesmal vom 28.03.24 - also der Gründonnerstag vor Ostern.

Es liegt in der Tradition der russischen Armee, dass man ohne Rücksicht auf Verluste versucht, eigene Erfolge zu erzwingen. Die Taktik der Gruppe Wagner bei der Eroberung von Bakhmut war dafür ein Beispiel, die reguläre russische Armee geht identisch vor. Man wagt einen schnellen Vorstoß mit gepanzerten Fahrzeugen, setzt seine Mannschaften in der Nähe des Gegners ab und zieht die Transporter sofort wieder zurück. In der Zwischenzeit versuchen die zurückgelassenen Soldaten, die gegnerischen Gräben zu erreichen oder eigene befestigte Positionen zu schaffen. Das gelingt hin und wieder und so rückt die russische Armee unter hohen Verlusten langsam aber sicher weiter vor.

Das russische Militär hat auch weiterhin die Möglichkeit, ausreichend "Kanonenfutter" zu rekrutieren. Neben den Insassen von Haftanstalten sind Arbeitslose, Alkoholiker und andere gescheiterte Existenzen, die Bewohner der abgelegenen und armen Gegenden Russlands, das Potential, aus denen sich das Freiwilligenheer immer wieder auffüllen lässt. Dazu kommt jene hohe Bezahlung der Freiwilligen - ein Gehalt, von dem viele Russen nur träumen können. Mit den Abfindungen bei Verletzung oder Tod ist manche Familie plötzlich reich geworden.

Die Berufssoldaten und die Offiziere werden dagegen nur selten für solche Aktionen herangezogen. Die braucht man für die Organisation der Angriffe, als Scharfschützen und als Bediener der schweren Waffen.

Von allen Regionen hat zur Zeit Baschkortostan die meisten Kriegstoten in absoluten Zahlen zu verzeichnen. Gegenüber unserer letzten Veröffentlichung vom 31.12.23 hat sich die russische Teilrepublik vom dritten auf den ersten Platz in der Tabelle der Regionen verschlechtert. Anfang des Jahres häuften sich dort auch öffentliche Proteste gegen die Verurteilung eines Aktivisten, allerdings ist uns kein Zusammenhang mit dem schnellen Anstieg der Kriegstoten in Baschkirien ersichtlich.

Unsere aktuellen Zahlen zum 28.03.24:

Summe aller Regionen Russlands entspr. unserer Liste 45.778
Bewohner der Krim
482
Wagner Friedhof bei Krasnodar
688
Wagner Söldner ohne Region 321
Unbekannte Region* 2.217
Gesamtzahl aller erfassten Kriegstoten
49.486

* Häufig können wir gefallene Soldaten keiner Region zuordnen, zum Beispiel wennn andere Soldaten ihren Tod melden und keine weiteren Angaben machen oder wenn die Nachricht ohne Ortsangabe aus einen anonymen Quelle veröffentlicht wurde. Unter unbekannte Region haben wir im Zeitraum vom 10.01.24 bis 28.03.24 auch 2 Abchasier (Georgien), einen Armenier, zwei Weißrussen, 21 Bewohner der Region Donezk (Ukraine), zwei Inder, 11 Bewohner von Luhansk (Ukraine), einen Moldawier, 8 Nepalesen, einen Serben und einen Turkmenen erfasst.

Tabellen

Zum Zwecke der Übersichtlichkeit haben wir alle Tabellen auf gesonderten Seiten untergebracht:

Unsere Abschätzung der gesamten Verluste

Natürlich wissen wir, dass wir mit der Durchforstung der öffentlich zugänglichen Quellen nicht alle russischen Verluste erfassen können. Wir sind der Auffassung, dass wir nur 60% der tatsächlichen Verluste gefunden haben. Die schweren Verletzungen dürften bei dem Faktor 3,5 der Kriegstoten liegen. Die Begründungen dafür haben wir in den Anmerkungen zusammengefasst.

Unsere Schätzungen erfolgen mit gerundeten Zahlen.

  Ermittelte
Kriegstote
Geschätzte
Gesamtzahl
Verletzte Gesamt-
verluste
Unsere Statistik (28.03.2024) 49.486 82.000 289.000 371.000
BBC (05.04.24) 50.016 100.000 k. A. k. A.
Britischer Geheimdienst (07.04.24) Seit der Invasion im Februar 2022 erlitten die russischen Streitkräfte durchschnittlich 658 Verluste pro Tag. 500.000

 Fazit

Bis Ende November hat Russland folglich zwischen 80 und 100 Tausend Tote im Krieg gegen die Ukraine zu verzeichnen. Dazu kommen 290 - 400 Tausend schwer verletzte Soldaten, die kaum mehr kriegstauglich sind.

Selbst nach unserer vorsichtigen Abschätzung hat Russland die us-amerikanischen Kriegstoten aus zwei Kriegen, dem Korea- und Vietnamkrieg, beinahe erreicht und wird sie in kurzer Zeit überschritten haben.


Anmerkungen:

Wir beobachten die Situation in allen Regionen Russlands. Alle registrierten Kriegstoten stammen aus offenen Quellen und werden von uns auf die Originalinformation verlinkt. Es kann allerdings vorkommen, dass diese von den Verfassern nachträglich gelöscht werden. In diesem Fall liegt uns ein Screenshot vor.

Die Sortierung der Kriegstoten nach Regionen ist extrem zeitraubend. Nur die wenigsten Meldungen kommen von amtlicher Seite, sondern meist von Freunden oder Familie. Hier sind die Angaben häufig unbestimmt, so dass fast alles nachrecherchiert werden muss. Da die Todeszahlen weiter steigen, werden wir im aktuellen Jahr 2024 die Informationen in unseren Tabellen weiter reduzieren, um den Arbeitsaufwand in Grenzen zu halten und in Zukunft nur noch die Namen, die Ortsangabe und den Link auf die Originalinformation veröffentlichen.

Zusatzinformationen

Wir nehmen in die Statistik nur solche Kriegstote auf, bei denen es Hinweise auf eine russische Heimatregion gibt. Alle anderen werden als unbekannte Region geführt. Häufig kommen die Nachrichten von Verwandten, Kollegen oder Soldaten aus dem selben Trupp. Fehlt ein Hinweis auf den Lebensmittelpunkt, nehmen wir an, dass der getötete Soldat aus der selben Region wie der Berichterstatter stammt. Das muss nicht immer zutreffen.

Alle weiteren Informationen sind statistisch wenig aussagekräftig. Man kann schon froh sein, wenn der Name in der Todesnachricht genannt wird, statt unser Vater, Bruder, Schwager oder ein Kosenamen. Auch lange Texte enthalten häufig wenig Verwertbares. Wer genauere Informationen über Alter, Beruf, militärischer Rang, Todesort usw haben möchte, müsste danach sehr umfangreich recherchieren. Das ist uns in diesem Zusammenhang nicht möglich.

Grundlage unserer Abschätzungen

Wir wissen, dass wir mit unseren Zahlen nur bedingt die Realität abbilden. Viele Kriegstote werden öffentlich verschwiegen. Das bringt uns zu folgenden Überlegungen:

  • Der ehemalige russische Offizier Vitaly Votanovsky hat die Friedhöfe in der gesamten Region Krasnodar aufgesucht und dabei die Gräber von Kriegstoten ermittelt, die von den Medien nicht veröffentlicht wurden. Man kann also davon ausgehen, dass zumindest in dieser Region die meisten gefallenen Soldaten auch erfasst wurden. Insgesamt haben wir in Krasnodar (Stand 15.10.23) 1.167 gefallene Soldaten gelistet, davon wurden 699 in den Medien veröffentlicht, Vitaly Votanovsky oder seine Mitstreiter haben bis zu diesem Zeitpunkt die Gräber von 468 weiteren Gefallenen aufgezählt. Das bedeutet, dass in der Region Krasnodar gerundet etwa 60% aller Kriegstoten durch die Medien veröffentlicht wurden. 
  • Auch am Beispiel der Toten von Makijiwka ergeben sich ähnliche Relationen. 89 tote Soldaten wurden gemeldet, wir haben 137 gelistet, das ergibt etwa 65 Prozent der öffentlich gemachten Opfer.
  • Der britische Geheimdienst hat zuletzt am 04.12.23 sich zu den russischen Verlustzahlen geäußert. Nach seinen Angaben hätte Russland 50.000 tote Soldaten und 20.000 getötete Wagnersöldner zu verzeichnen. Dazu kämen 180.000 bis 240.000 verwundete Soldaten und 40.000 verwundete Wagner-Söldner. Die Anzahl der getöteten Wagner-Söldner bezieht sich übrigens auf eine Aussage von Jewgeny Prigoschin vor seiner Attacke auf das russische Militärsystem.
  • Die Kriegstoten stellen aber nur einen Teil der Opferzahlen dar. Viele Soldaten wurden schwer traumatisiert – an Körper und Seele. Die BBC trifft dazu folgende Aussage: Nach Beobachtungen des US Center for Naval Analysis kommen auf jeden russischen Soldaten, der während des Krieges in der Ukraine getötet wurde, im Durchschnitt etwa dreieinhalb Verwundete.

Vergleichszahlen:

Zum Schluss wollen wir noch die Vergleiche mit anderen Kriegen. Damit jedem Leser auch die Dramatik der aktuellen Todeszahlen bewusst wird. Bitte beachtet, dass diese Zahlen nur die Kriegstoten jener genannten Länder benennen, die Opfer unter den Soldaten der betroffenen Ländern wesentlich höher sind, von der Zivilbevölkerung ganz zu schweigen.

Vergleichszahlen USA Sowjetunion Russland
Koreakrieg 1950-1953 40.000
Vietnamkrieg 1963 – 1973 58.220
Afghanistan 1979 – 1989 14.500
1. Tschetschenienkrieg 1994 – 1996 14.000
2. Tschetschenienkrieg 1999 – 2009 3.684
Irakkrieg 2003 – 2011 5.272
Afghanistan 2001 – 2021
Gesamte US-geführte Koalition
Inkl. Private Sicherheitsdienste
7.263

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