Jakow Aleksandrowotsch Erschow ist keiner der vielen gefallenen Soldaten, von denen wir gerade mal den Namen kennen, sondern einer der ersten russischen Soldaten, die die Ukraine gefangen nehmen konnte. Sein Verhör durch einen ukrainischen Beamten wurde am 28. Februar 2022 bei Twitter veröffentlicht. Damals war der junge Mann eingeschüchtert, aber unverletzt. Seine Geschichte wurde in den verschiedensten Medien dokumentiert, seine Verwandten hofften damals, dass er bald aus Gefangenschaft zurückkehren könnte. Doch Mitte Mai 24 wurde bekannt, dass Jakow Ende 2023 tot den russischen Behörden übergeben wurde.

Das kann viele Gründe haben, wir haben deshalb am 24.Mai sowohl bei der ukrainischen Botschaft in Deutschland als auch beim ukrainischen Verteidigungsministerium nachgefragt, was mit dem jungen Mann passiert wäre, aber bisher keine Antwort erhalten.

Gehen wir zurück in das Jahr 2022. Das Video mit Jakow wurde erstmalig am 27. Februar 2022 in einem Telegram-Kanal veröffentlicht, einen Tag später war es dann auf Twitter zu sehen.

„Wie viel ist dein Leben wert?“ – fragt ein unbekannter Mann aus dem Off Jakow, der vor ihm auf dem Stuhl sitzt. Er ist rasiert und trägt dunkelgrüne Thermounterwäsche. Jetzt hat er große Angst und ist sehr jung. „Ich weiß es nicht…“, antwortet er ruhig.

Jakow stammt aus dem Ort Kemi in Karelien und wäre am 31. Januar 2022 - also wenige Tage nach seiner Gefangennahme - 22 Jahre alt geworden. Er hatte an einer technischen Schule in St. Petersburg gelernt und spielte gerne Fußball. Es gibt sogar ein Interview über sein letztes Fußballspiel.

Nach dem Wehrdienst kam Jakow nach Hause, fand aber keinen Job. Ein Vertreter einer Militäreinheit aus der Stadt Pskow bot ihm im September 21 an, einen Vertrag mit ihm abzuschließen. Am 22. Februar 22 meldete er sich letztmalig aus Belgorod, dort sollten Übungen stattfinden und wenige Tage später zog seine Einheit in den Krieg gegen die Ukraine.

Es gibt zwei größere Berichte über Jakow Erschow, die noch heute aufrufbar sind – „Radio Free Europe“ vom 1. März 22 und „Wichtige Geschichten“ vom 27. Oktober 22. Danach ist es still um Jakow geworden.

Wir wissen, dass nicht wenige ukrainische Soldaten in russischer Gefangenschaft getötet wurden, manche wurden gefoltert, manche wurden zu langen Haftstrafen verurteilt. Wir haben aber bereits am 10. Juli 22 auch zwei Fälle dokumentiert, bei denen russische Soldaten zu Beginn des Krieges in ukrainische Gefangenschaft gerieten und tot in ihre Heimat zurück gekommen sind (Wie starben Sergey Ochirov und Danil Dmitriev ?).

Allerdings wurden in letzten zwei Jahren auch von beiden Seiten öfter Kriegsgefangene ausgetauscht. Die Ukraine ist froh über jeden gefangenen russischen Soldaten, denn dieser kann gegen eigene Soldaten ausgelöst werden.

Es ist müßig zu erwähnen, dass nach der Genfer Konvention alle Kriegsgefangenen menschlich zu behandeln sind. Ihre Tötung, eine Gefährdung ihrer Gesundheit, Gewaltanwendung, Folter, Verstümmelung, medizinische Experimente, Bedrohung, Beleidigungen und Erniedrigungen sind verboten. Einem Russland, das diesen völkerrechtswidrigen Krieg begonnen hat, traut man solche Verstöße gegen die Genfer Konvention jederzeit zu, von der Ukraine sollte erwartet werden, dass sie diese Regularien doch sehr erst nimmt. Aber auch im Fall Jakow Erschow ist es wahrscheinlich anders gekommmen;

Am 13. Mai 24 wurde auf Vkontakte folgender Zeitungsausschnitt veröffentlicht:

Jakow Alexandrowitsch Erschow

Der Text in jenem Zeitungsausschnitt lautet übersetzt:

IN ERINNERUNG AN ERSCHOW JAKOW ALEXANDROWITSCH
Während einer speziellen Militäroperation starb Korporal Erschow Jakow Alexandrowitsch. Jakow Alexandrowitsch wurde am 31. Januar 2000 in der Stadt Kemi in der Republik Karelien geboren. Im Jahr 2018 schloss er das Gymnasium Poduzhemsky im Stadtbezirk Kem ab. Anschließend besuchte er die St. Petersburger Hochschule für Industrietechnologien, Finanzen und Recht mit dem Schwerpunkt Hochspannungs-Elektromechanik. Im Jahr 2020 wurde er in die Reihen der Streitkräfte der Russischen Föderation in der Stadt Pskow eingezogen und unterzeichnete anschließend einen Vertrag mit dem Verteidigungsministerium der Russischen Föderation.
Am 27. Februar 2022 wurde er (vermisst) von ukrainischen Nationalisten gefangen genommen, im Dezember 2023 wurde die Leiche an das russische Verteidigungsministerium überführt. Posthum dem Orden des Mutes verliehen.
Die Verwaltung des Bezirks Pristensky drückt der Familie und den Freunden Jakows ihr aufrichtiges Beileid aus. Ewige Erinnerung an den Helden.