Es wird in vielen Medien kolportiert, dass der russische Krieg gegen die Ukraine das normale Leben der Menschen in Russland kaum tangiert. Das ist schwer aus der Ferne zu beurteilen, doch der Allttag eines zufällig ausgewählten baschkirischen Landrats spricht eine andere Sprache.
Oleg Jefimow ist Leiter des Bezirks Bakalinsky im Westen Baschkortostans. Der Bezirk hat etwa 25.000 Bewohner und ist mit 1.950 km² größer als das deutsche Mittelgebirge Rhön.
Der Bezirk grenzt im Westen zudem an Tatarstan, was erklärt, dass 65% der Bevölkerung Tataren sind. Und weil alles nicht kompliziert genug ist, gibt es zwei unterschiedliche Glaubensrichtungen bei den Tataren - etwa 80% sind Muslime , die Krjaschens dagegen sind orthodoxe Christen.
Aber zurück zu Landrat Oleg, dessen Tätigkeiten in Bezug auf den Krieg in der Ukraine wir im Oktober 2024 begleiten wollen.
1. Oktober 2024
Am 1. Oktober würde auf der ganzen Welt der Tag der älteren Menschen gefeiert, schreibt Oleg Jefimow. "Vertreter der älteren Generation sind unsere wichtigste Stütze bei der Unterstützung unserer Landsleute, die sich derzeit im Gebiet einer militärischen Sonderoperation befinden. Wie viele Tarnnetze wurden von Ihren freundlichen Händen gewebt! Wie viele warme Dinge werden gestrickt und genäht!"
Aber am 1.Oktober muss der Landrat sich auch noch den Fragen der Bevölkerung stellen. Da geht es eher um regionale Dinge.
Nikolay fragt: "Unsere Straßen sind nicht nur Staub und Nebel, sondern eine Waschbrettkunst. Nach Maty bin ich mit meinem Motorrad im Sommer nur zweimal gefahren, öfters geht das nicht."
Oleg Jefimows Antwort: "Die Länge der Straßen in der Region beträgt über 500 km; hier ist nur ein Planiergerät im Einsatz, daher ist es nicht möglich, Planierarbeiten so oft durchzuführen, wie wir es gerne hätten."
4.Oktober 2024
Die Angehörigen von Iwan Karawajew erhalten den "Mutorden". Iwan war im Krieg gegen die Ukraine gefallen.
5. Oktober 2024
Eine Gedenktafel für die Cousins Jewgeni Altschinow und Viktor Altschinow wird eingeweiht. Beide sind zusammen in den Krieg gezogen und beinahe zeitgleich vor etwa einem Jahr getötet worden.
10. Oktober 2024
Eine Gedenktafel für Anatoly Siderow wird eingeweiht. Er zog als Freiwilliger in den Krieg und wurde Ende Februar 2023 getötet.
"Er gab das Kostbarste, was er hatte, für den Frieden und die Sicherheit unseres Landes und blieb bis zur letzten Minute dem Militäreid und seinem Vaterland treu," schrieb der Landrat.
11. Oktober 2024
Nationalfeiertag von Baschkortostan
Oleg Jefimow schreibt dazu:
...Das laufende Jahr ist trotz einer Reihe von Schwierigkeiten und Problemen auch reich an Erfolgen, und dazu gehört auch der Beitrag jedes Einzelnen von Ihnen und Ihrer Arbeitsteams. Heute, in der Zeit einer besonderen Militäroperation und unter den Bedingungen wirtschaftlicher Sanktionen, haben wir eine besondere Einstellung zu Werten wie Einheit, Patriotismus, Völkerfreundschaft und Humanismus. Auch die Menschen in Bakalin tun zusammen mit dem ganzen Land alles für den gemeinsamen Sieg, für unsere Kämpfer. Sie zeigen Patriotismus nicht in Worten, sondern in Taten, indem sie humanitäre Hilfe sammeln, freiwillige Hilfe leisten, die Familien unseres Militärpersonals unterstützen, Arbeitsaufgaben an ihren Arbeitsplätzen lösen und ausführen.
12. Oktober 2024
Heute wird Rawil Sadretdinow begraben. Im März 2024 unterschrieb er als Freiwilliger einen Vertrag mit dem Militär. Er wurde schwer verwundet und starb an seinen Verletzungen. Wann Ravil verletzt wurde, verschweigt der Landrat.
14. Oktober 2024
"Humanitäre" Hilfe für die Soldaten an der Front wurde im Bezirk gesammelt und geht heute auf die Reise an die Front.
"Ich danke allen Bewohnern der Region für die Sammlung und Vorbereitung des humanitären Konvois und die ständige Unterstützung unserer Leute. Die Bewohner von Bakalin haben erneut bestätigt, dass nur die Einheit Stärke ist," schreibt der Landrat.
16. Oktober 2024
Ilnur Rinatowitsch Walejew und Katif Ausafowitsch Chakow werden heute begraben. Beide waren Freiwillige aus dem Bezirk
Oleg Jefimow: "Die strahlende Erinnerung an tapfere Kämpfer wird für immer in unseren Herzen bleiben und ihr Patriotismus, ihre Hingabe und ihr Mut werden künftigen Generationen als Vorbild dienen."
18. Oktober 2024
14 Fahrzeuge haben Freiwillige des Bezirks repariert und frisch lackiert. Sie wurden alle an die Front geschickt.
19. Oktober 2024
Im Juli 2024 hatte sich Artem Nikolaewitsch Gabsatarow freiwillig gemeldet. Jetzt wird er begraben. Wann er genau getötet wurde, erfahren wir nicht.
21. Oktober 24
"Es ist schön, wenn unsere Soldaten in den Ferien Zeit finden, sich zu treffen. Heute habe ich mit einem von ihnen gesprochen. Soldat X. reist morgen in die Zone des Nordmilitärbezirks ab und hat es eilig, sich seinen Kollegen anzuschließen. Mit Worten des Dankes wendet er sich an alle Bewohner der Region für die humanitären Konvois und die ständige Unterstützung," schreibt der Landrat
24.Oktober 24
Der Landrat stellt das neue Rekrutierungsprojekt in Baschkirien vor. Wer einen neuen Freiwilligen zur Anwerbestelle schleppt, bekommt 50.000 Rubel. Wir haben bereits darüber geschrieben.
25. Oktober 2024
Die "silbernen Freiwilligen" haben ein neues Verfahren zum Weben der Tarnnetze entwickelt.
"Als ob sie zur Arbeit gehen würden, eilen sie jeden Morgen zum Hauptquartier, um ihre „Mitstreiter“ zu treffen. Hier hat sich ein sehr freundliches, effizientes Team aus Gleichgesinnten gebildet. Sie haben Hunderte von Netzen geflochten und sie unseren Soldaten geschickt. Darüber hinaus schneiden und nähen sie Kleidung und Unterwäsche und sammeln Pakete," erklärt der Landrat.
25. Oktober 2024
Noch ein Termin am 25. Oktober, die nächste Beerdigung steht an. Andrej Irikowitsch Bulatow wird begraben. Er war seit August 2023 als Freiwilliger im Krieg und wird in einem offenen Sarg beigesetzt.
31. Oktober 2024
Im Säulensaal des Landwirtschaftsministeriums fand eine Veranstaltung zu Ehren der Väter von gefallenen Soldaten statt.
8. November 2024
Nicht mehr im Oktober, aber zum Abschluss dieses Beitrags wollten wir noch dieses Foto zeigen. Der Landrat verabschiedet drei neue Freiwillige aus seinem Bezirk ins Kriegsgebiet, wohl wissend, dass er die drei Männer höchstwahrscheinlich nicht lebend und am Stück zurückbekommen wird.
"Drei weitere unserer Landsleute beschlossen, an einer speziellen Militäroperation teilzunehmen. Sie unterzogen sich einer ärztlichen Untersuchung, bereiteten die erforderlichen Dokumente vor und begaben sich zur Kampfkoordination," schreibt er zu obigem Foto.
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