Nikita MolotschowskiWir haben dieses Foto Ende Oktober für einen Tag ganz oben auf unserer Webseite veröffentlicht, es findet sich noch immer in unserer Rubrik Kriegsbilder. Bei dem jungen Soldaten handelt sich um Nikita Konstantinowitsch Molotschkowski, geboren im Jahr 2003, der aus der Stadt Ocha im Norden der Insel Sachalin kam. Jetzt wissen wir etwas mehr über den jungen Mann und sein Schicksal.

Nikita gehörte zu der Ethnie der Niwchen, sie sind die Ureinwohner der Region Amur und auch der Insel Sachalin. Nach der letzten Volkszählung leben nur noch knapp 4.000 Menschen, die sich dieser Herkunft verbunden fühlen. In der Stadt Ocha, wo Nikita geboren wurde, wohnen noch etwa 300 Niwchen und machen nur etwa ein Prozent der dortigen Bevölkerung aus.

Der junge Nikita Molotschkowski leistete Wehrdienst in der Region Chabarowsk und wollte unter keinen Umständen in den Krieg ziehen. Wehrpflichtige der Sachalin-Einheit wurden nach Angaben ihrer Angehörigen sehr lange – den gesamten Frühling und Sommer 2024 – und sehr hart „unter Druck gesetzt“ (siehe). Nur zwei hielten dem Druck stand – darunter Nikita Molotschkowski. Doch plötzlich präsentierten seine Vorgesetzten ihm einen Militärvertrag mit Unterschrift und zwangen ihn an die Front in der Ukraine.

Nikita Konstantinowitsch Molotschkowski

Im Dezember 2023 reichte Nikita Klage gegen seinen Vertrag beim Verteidigungsministerium ein und gab an, dass sein Kommandant den Vertrag für ihn unterschrieben hätte. Auch die Angehörigen von Nikita bestätigten, dass dieser nicht vorhatte, nach seinem Wehrdienst zu kämpfen, sondern nach Hause zurückkehren wollte. Aber Nikita konnte die gefälschte Unterschrift nicht anfechten – er wurde trotz seiner Kampfverweigerung und der Klage an die Front geschickt.

Aus den Gerichtsunterlagen geht hervor, dass das Verfahren zur Auswahl der Wehrpflichtigen aus Sachalin angeblich „unter Berücksichtigung ihres Standorts in einer anderen Militäreinheit befolgt wurde“, und aus den Personalakten des Wehrpflichtigen Molotschkowski ginge hervor, dass er den Vertrag während seines Aufenthalts in einer Militäreinheit in Tschita unterzeichnet hätte. Tatsächlich war Nikita zu keiner Zeit in Transbaikalien.

Nikitas Sache ging nicht gut aus. Am 27. August verschwand er in der „Kampfzone“, am 4. Oktober gab der Gouverneur von Sachalin Waleri Limarenko seinen Tod bekannt, am 10. Oktober 24 wurde Nikita in seiner Heimatstadt Ocha auf Sachalin beigesetzt.

Doch die Geschichte ist damit noch nicht beendet. Die Angehörigen bekamen Anfang November 2024 die Nachricht vom Verteidigungsministerium, dass das Verfahren auf Basis der Klage von Nikita eingestellt worden wäre. Einen Tag später bekamen die Angehörigen erneut Post - diesmal von einem Institut für Forensische Wissenschaften und Kriminalistik (СЭиК/SEiK).  Nach der Untersuchung des SEiK-Instituts wurden alle Unterschriften und Eintragungen im Namen Molotschkowskis in den Verträgen „nicht von Molotschkowski gemacht“.

Viktor BaturinsEtwas mehr "Glück im Unglück" hatte vielleicht Viktor Baturin, ein ebenfalls 21-jähriger Wehrdienstleistender aus der Stadt Ocha. Auch sein Militärvertrag wurde nach seinen Angaben gefälscht und seine Klage wurde abgewiesen.

Anfang November befand er sich mit einem gebrochenen rechten Arm in einem Sanitätsregiment in der Nähe von Donezk. Weniger als einen Monat zuvor lag er mit einem von einem Granatsplitter durchschlagenen Bein im Krankenhaus. Kaum gesund wurde er humpelnd zu einem „Fleischangriff“ geschickt, den er gerade so mit einem Armbruch überlebt hat. Vielleicht hilft ihm jenes Gutachten des Forensischen Instituts, um sich aus den Fängen des Militärs zu befreien.

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Weitere Quellen (1),(2)