kindle-am-strand.jpg

Der Börsenverein des Deutschen Buchhandels meldet heute, dass ihm ein wichtiger Schlag im Kampf gegen Urheberrechts-Piraterie im Internet gelungen wäre. Wenig wahrscheinlich – solche Bemühungen erinnern eher an Herakles' Kampf gegen die Hydra . Für jeden abgeschlagenen Kopf wachsen zwei neue nach. Gleichzeitig macht eine Meldung eines Berliner Verlags die Runde, das ein eBuch zum Download frei gab & den Lesern freistellte, wieviel sie dafür bezahlen wollten. Der Verlag wurde wegen Verstosses gegen die Preisbindung ermahnt. (Foto: goXunuReviews)

ch gebe zu - bisher stand ich dem Thema, Literatur am Bildschirm zu lesen, recht skeptisch gegenüber. Wer will schon seinen PC mit ins Bett nehmen, um abends noch in einem Buch zu lesen? Oder im Urlaub am Strand seinen Laptop ruinieren? Aber die Dinge haben sich geändert. Beim letzten Urlaub war diesmal statt ein paar dicken Büchern ein kleiner Kindle mit dabei. Und tatsächlich ließ es sich mit dem unscheinbaren Ding ganz bequem im Flieger und am Strand lesen.

Geschockt haben mich aber die Preise - ein Beispiel: Sepp Bierbichlers neuer Roman Mittelreich kostet als Buch 22,90 €, als Audiobuch knapp 40 €, als Audiobuch im Download 28 € und für den Kindle schließlich 20 €. Das ist Wahnsinn!

Bei einem Buch dieser Größe erzielt der Verlag in etwa 50 - 60% der Einnahmen vom Verkaufspreis. Der Rest bleibt bei den Vertriebskosten, beim Groß- und Buchhandel hängen. Und das Buch muss auch noch gesetzt, gedruckt & gebunden werden, was auch noch einen beträchtlichen Anteil des Verkaufspreises ausmacht.

Ein großer Teil dieser Kosten entstehen beim online-Vertrieb nicht. Im Preis schlägt sich das aber nicht wieder. Und dann wundern sich die Verlage, wenn sich jetzt ein dynamischer Schwarzmarkt im Internet etabliert.

Dabei müssten doch die Verlage Erfahrung in diesem Bereich haben. Als Xerox Anfang der siebziger Jahre mit seinen Normalpapierkopierern erfolgreich war, jammerten die Verlage auch und sahen ihr Geschäftsmodell in Gefahr. Denn man konnte plötzlich teure Bücher schnell und billig kopieren. Das Geschäft machten dann die Copy-Shops. Am liebsten hätten die Verlage damals neben jeden Kopierer einen Aufpasser gestellt.

Damals reagierte die Politik mit Augenmaß. Mit einer Kopierabgabe wurde den Interessen der Branche & dem Urheberrecht Rechnung getragen. Und die Verlage reagierten auch - mit Taschenbüchern wurde man wieder erfolgreich. Denn bei den verlangten Preisen für diese Produkte, lohnte sich das Kopieren nicht.

Man braucht also keine Träne vergießen beim Geheule unserer Verleger. Wieder muss sich die Branche umstellen und anpassen. Tut sie das nicht, werden vielleicht ein paar Verlage den Betrieb einstellen müssen. Kreative Autoren und neue Bücher - egal in welcher Form - wird es aber weiter geben.

Soweit werden viele Leser mit meiner Argumentation noch mitziehen. Ab jetzt wird es kritisch: Tatsächlich halte ich eine "Kulturflat" im Internet für eine richtige Investition in unseren Kultur- und Wissensbereich. Wie bei der Abgabe auf Kopierer würde hier einem neuen Medium Rechnung getragen und Einkommensverluste für Kunst- und Wissenschaftsbereich ausgeglichen. Und sie könnte auch einen maßgeblichen Beitrag zur Finanzierung von Wissensdatenbanken wie Wikipedia etc beitragen. Denn von einem Internet voll von Werbung und vielen Bezahlschranken hat eigentlich niemand etwas. Aber das ist eine andere Sache...