Flag of GreeceSechs Jahre hatte Griechenland Zeit, seine finanziellen Probleme in den Griff zu bekommen. Doch offensichtlich hat diese Zeit nicht ausgereicht, die Finanz- und Steuerverwaltung zu reformieren, ein landesweites Kataster einzuführen, die Schattenwirtschaft zu reduzieren, eine Sozial- und Rentenreform durchzuführen und mit Hilfe der EU die Wirtschaftsleistung zu erhöhen. Aber vielleicht hatte man dazu auch gar keine Lust, denn man hatte sich im bestehenden System gemütlich eingerichtet.



Es ist völlig müßig, jetzt wo es zu spät ist, solche Reformen kurzfristig einzufordern. Der griechische Staat ist pleite, kann seine Schulden nicht mehr bedienen und hat auch kein Geld mehr, seine vielfältigen Ausgaben zu stemmen. Und die mit der Hoffnung Vieler gestartete neue Syriza-Regierung hat zwar viele gute Argumente vorzubringen, warum die griechische Krise in der Verantwortung von Europa liege, hat aber ansonsten nur einen Vorschlag, wie man den Staat wieder handlungsfähig machen könnte: Schuldenerlass, neue Kredite und ansonsten - weitermachen wie bisher.

Die hektischen Versuche der Politik, diesen gordischen Knoten doch noch aufzulösen, sind eigentlich völlig unnötig. Unsere europäischen Politiker benutzen gerne diese Bühne, dieses Drama, sich als kompetent, durchsetzungsfähig und als gestaltendes Element der Politik vorzustellen. So reist man quer durch Europa, trifft sich mal hier und dort in unterschiedlicher Besetzung, ein Gipfel folgt auf den nächsten und am Ende verkündet man eine weitere "Annäherung" der Positionen, gegenseitiges Verständnis, aber eben keinen Konsens.

Dabei ist Politik kein Computerspiel mit finalem Charakter, es gibt kein Endgame, kein Shootout, kein 12-Uhr-Mittags. Auch am ersten Juli werden in Griechenland die Menschen zur Arbeit gehen, Touristen urlauben und Rentner im Café an der Ecke sitzen. Griechenland wird seinen IWF-Kredit nicht bedienen können und die Welt geht trotzdem nicht unter. Das Land bleibt in der EU und im Euro, ein Austritt ist nirgends vorgesehen.

Ok - die griechischen Banken werden kein Geld mehr auszahlen, weil keins mehr vorhanden ist. Der Staat wird keine Gehälter und Renten mehr zahlen, weil seine Konten leer sind. Und die Bürger werden ihre laufenden Kosten mit den Euros bezahlen, die sie jetzt unter dem Kopfkissen gebunkert haben. Selbst eine Einführung einer neuen Währung würde wenig helfen - wer wollte schon mit solch wertlosen Scheinen bezahlt werden? Griechenland wäre zudem von EU-Hilfen abgeschnitten. Denn diese Gelder würden jetzt zur Schuldentilgung verwendet.

Griechenland stünde dann vor der Aufgabe, seine Probleme erstmals selbst lösen zu müssen. Der Druck von der Straße hin zur Politik wurde zunehmen, die eigenen Strukturen verlässlicher, effektiver und sozial ausgewogener zu gestalten. Das ist doch genau das, was die Griechen die ganze Zeit fordern.