Alischer Esetowitsch IdrisowAlischer Esetowitsch Idrisow wäre eigentlich ein Kandidat für unsere Rubrik Kriegsbilder. Er wurde am 6. Juni 2006 im Dorf Kzyl-Agasch, Bezirk Moskalenski, in der Region Omsk geboren. Das Dorf ist eigentlich ein Aul, also eine recht chaotische Ansammlung von Häusern, die entstanden ist, als die nomadisch lebenden Bewohner der Region sesshaft gemacht wurden. Das Dorf wurde im Jahr 2010 von 237 Menschen kasachischer Abstammung bewohnt.

Alischer war ein guter Schüler, nach der Schule absolvierte er eine Ausbildung an einer Berufsschule in Omsk im Fach „Bau und Betrieb von Gebäuden und Bauwerken“ (pdf). Offensichtlich hat er die Lehre abgebrochen, musste folglich seinen Wehrdienst ableisten und wurde im November 2024 zu einem Zeitvertrag "überredet".  Am 13. Mai 2025, also etwa ein halbes Jahr später, wurde Alischer im Krieg gegen die Ukraine getötet.

Der örtliche Ableger der russischen Staatspartei "Einiges Russland" hat zum Tod von Alischer einen Nachruf verfasst, der eindrucksvoll genau in das Propagandaschema passt, das wir in unserer Zusammenfassung des Monats Juni 2025 beschrieben haben: "Im Krieg sterben eben auch unsere Soldaten!" Die toten Soldaten werden propagandistisch überhöht, die lebenden Soldaten werden an der Front skrupellos verheizt.

Wir dokumentieren den Nachruf in deutscher Übersetzung:

Alkatwaam

Dorf Alkatwaam in Tschukotka

Das Dorf Alkatwaam in Tschukotscha kann man nicht über eine Straße erreichen. Es gibt eine etwa 20 km lange Schotterpiste zum nächsten Ort und an die Küste des Beringmeers, wo sich ein Hafen und ein kleiner Flugplatz befindet.  Das Dorf besitzt eine Schule, einen Kindergarten, eine Bibliothek, ein Gemeindezentrum, eine Krankenstation, ein Postamt, einen Laden und eine Bäckerei. Die Bewohner leben von der Rentierzucht und dem Fischfang.

Aber auch dieses Dorf hat die Schwindsucht, 2010 lebten dort noch 299 Menschen, im Jahr 2023 zählte man nur noch 166. Und jetzt sterben die Männer im fernen Krieg in der Ukraine:

Ramis Miniradikowitsch Achmetschin

Gerade sind wir im Askinsky Bezirk in Baschkortostan, der im Norden der russischen Teilrepublik liegt. Im Dorf Utjaschin wohnten im Jahr 2017 noch etwa 182 Menschen. Neuere Zahlen gibt es nicht, aber die Einwohnerzahl nimmt stetig ab. Im Hof der Familie Achmatschin findet eine Abschiedszeremonie statt für Ramis Miniradikowitsch Achmetschin, der im Krieg gegen die Ukraine getötet wurde. Ramis, geboren am 20.11.1997, hatte sich freiwillig zum Kriegsdienst verpflichtet.

Staraja Kulatka

Staraja Kulatka ist ein Dorf städtischen Typs im Süden der Oblast Uljanowsk, seine Bewohner sind überwiegend Tataren. Um die Jahrtausendwende lebten noch 6.000 Menschen im Dorf, heute sind es nur noch 4.000.

Am 17. Juni 25 wurde im Dorf  Ildar Rawilewitsch Achtjamow bestattet, der im Krieg gegen die Ukraine getötet wurde. Ildar war ein Sturm-V Soldat, die peinliche Tatsache wurde im Nachruf verschwiegen. Im Juli 2023 war er zu fünfeinhalb Jahren Haft verurteilt worden. Beim Kauf von gebrauchten Autoteilen hatte er Streit mit dem Verkäufer und verprügelte ihn mit einem Mittäter. Danach setzten sie das Opfer in ein Auto und warfen ihn schließlich in den Fluss. 

Aus der Republik Mordwinien haben wir bisher selten berichtet. Die Mordwinen sind ein finno-ugrisches Volk, das in der russischen Teilrepublik etwa 40% der Bewohner stellt. Aus Mordwinien (oder Mordowien) kommt eine unterdurchschnittliche Zahl von Toten im russischen Angriffskrieg. Die Hauptstadt ist Saransk, die zusammen mit der zweitgrößten und nicht weit entfernt liegenden Stadt Rusajewka das wirtschaftliche Zentrum Mordwiniens bildet. Das Dorf Susgarje, aus dem wir berichten, ist nur sieben Kilometer  von Rusajewka entfernt.

Aus Susgarje kam ein junger Rapper mit recht dubiosem Lebenslauf. Über Nikita Doroschkin, der sich den deutschen Namen "Bastard" gab, handelt dieser Beitrag.

Wie Russen durch die Hand von Kriegsheimkehrern ums Leben kommen

Ilja Bykow Dieser Beitrag besteht aus zwei Teilen. Zunächst der Artikel von Oknopress über die Morde von Kriegsteilnehmern, die von der Front nach Hause zurückgekommen sind. Oknopress beleuchtet dabei vier von einander unabhängige Fälle.

Im zweiten Teil dokumentieren wir die 138 Kommentare auf einen Beitrag im russischen Odnoklassniki (Klassenkameraden), der sich ebenfalls auf  einen der vorgestellten Fälle bezieht - den Tod von Ilja Bykow. Die Kommentare geben ganz gut die Spannbreite des Denkens der russischen Bürger wieder. Diese mussten bei kritischen Kommentaren in diesem Zusammenhang keine Rücksicht darauf nehmen, eventuell wegen Diskreditierung der russische Armee belangt zu werden.

Das Grab von Ilja Bykow

Koltsowo Biopark

Bau eines Biotechnoparks in Koltsowo, Gebiet Nowosibirsk -- Foto: K.Artem.1 -- Lizenz:  CC BY-SA 4.0

An der Stadtgrenze von Nowosibirsk liegt die Stadt Koltsowo, die sich stolz Wissenschaftsstadt nennt. Der Grund dafür ist ein dort angesiedeltes staatliches Forschungszentrum für Virologie und Biotechnologie. Um dieses Biolaboratorium herum haben sich zahlreiche Start-Ups gebildet. Zudem gibt es Unternehmen, die sich mit der Herstellung von Naturkosmetik, Tierarzneimitteln, Diabetesprodukten und Software beschäftigen. Koltsowo wächst schnell und hat heute rund 21.000 Einwohner. 

Am 12. April 25 eröffnete die Partei "Einiges Russland" eine temporäre Gedenkstätte für die getöteten Soldaten der Stadt im Krieg gegen die Ukraine.

Ermolino 6

Ermolino (Jermolino) ist ein Dorf in der Oblast Nowgorod mit etwa 1.300 Bewohnern. Es liegt nur etwa 7 km Luftlinie von Weliki Nowgorod entfernt, der Hauptstadt der Oblast. Man kann also davon ausgehen, dass manche der Kriegstoten aus der Großstadt in dieser ländlichen Umgebung bestattet werden. Weliki Nowgorod hat im Jahr 2025 rund 223 Tausend Einwohner, für die gesamte Oblast haben wir eine überdurchschnittliche Anzahl an Kriegstoten ermittelt.

Wir haben über diesen Friedhof schon mehrfach berichtet - er dokumentiert eindrucksvoll die wachsende Anzahl an gefallenen Soldaten aus der Region. Unser erster Bericht war vom Dezember 2023  (ab Pos. 215) (Foto), danach im April 2024 (Foto), im September 2024 (Foto), im November 2024 (Foto) und zuletzt am 3. Februar 25 (Foto).

Seit dem letzten Bericht sind 39 weitere Soldaten hier begraben, der Ehrenfriedhof ist jetzt auf 140 Gräber angewachsen. Die hier veröffentlichten Daten stammen vom 9. April 2025.

Den Familien gefallener russischer Soldaten wird verboten, die Särge zu öffnen

Belebei Alexej Dmitrijewitsch Tschwertkow

Angehörige einiger im Ukraine-Krieg gefallener russischer Soldaten begraben Menschen, die sie nicht kennen – ohne DNA oder Ausweise. Man verspricht ihnen, später ein Dokument mit einem ärztlichen Attest oder persönliche Gegenstände zu bringen, aber das geschieht nicht. Direkt in den Bestattungsbüros drohen Militärangehörige den Angehörigen, die auf einer Öffnung bestehen: „Wenn Sie sich widersetzen, werden wir ein Strafverfahren gegen Sie einleiten!“

 Michael Iwanowitsch GiesbrechtDer junge Mann auf dem Foto ist Michael Iwanowitsch Giesbrecht. Er wurde am 25. November 1999 in Deutschland geboren. Seine Familie ist nicht in Deutschland geblieben und zog zurück nach Russland in die Region Altai. Michael wurde im Herbst 2022 mobilisiert, im Krieg getötet und am 7. April 2025 im Dorf Nowokulindinka im Bezirk Blagoweschtschensk beigesetzt. Er ist einer von den 26 deutsch klingenden Namen, die wir bei einer oberflächlichen Suche unter den Kriegstoten des Monats Mai 2025 gefunden haben.

Für uns hat das Thema nichts mit Deutschtümelei zu tun, sondern wir sehen das Schicksal der über Tausend im Krieg gegen die Ukraine getöteten Russlanddeutschen mit der selben Brille, mit der wir auch andere ethnische Minderheiten sehen, die für die russische Welt in jenem verbrecherischen Krieg sterben und über die wir genau so regelmäßig berichten.

Nowotitarowskaja

Gerade sind wir in Nowotitarowskaja, eine große Staniza (Kosakensiedlung) in der Region Krasnodar. Ein Autor des Telegramkanals "Tituschki in Krasnodar" hat dieses Foto aufgenommen. Er schreibt dazu:

Als die Angehörigen das Grab von Wladislaw Schukow besuchten, landete die Geheimdienstflagge im Müll. Das Auto der Angehörigen während der Beerdigung auf dem Foto.

Arsenjew

Blick auf Stadt Arsenjew -- Foto: Andshel  -- Lizenz: CC BY-SA 3.0

Dieser Beitrag stammt eigentlich vom 9. April 2024, wir haben ihn mehrfach aktualisiert. Wenn man die Namen und die Kurzlebensläufe der getöteten Soldaten durchgeht, bekommt man einen guten Überblick,  aus welchen Bevölkerungsgruppen die meist freiwilligen Soldaten stammen.

Die Stadt Arsenjew liegt in der Region Primorje im Fernen Osten Russlands und hat knapp 50.000 Einwohner mit abnehmender Tendenz. Von der Hauptstadt Wladiwostok ist sie etwa 300 km entfernt. Wichtigster Arbeitgeber der Stadt ist die Hubschrauberfabrik "Progress", die hauptsächlich für das russische Militär arbeitet.

Trotz der großen Entfernung (9.000 km Fahrstecke, Luftlinie über 7.000 km) wurden nicht wenige Bürger von Arsenjew im Krieg gegen die Ukraine getötet. Insgesamt haben wir 103 gefallene Soldaten aus der Stadt gelistet.

  • Aktualisiert am 20.07.24: Vier Namen nachgetragen -- Aleksey Leonidowitsch Ewgrafow, Pawel Aleksejewitsch Schukow, Maxim Jewgenjewitsch Laletin und Dmitri Anatoljewitsch Lapin.
  • Aktualisiert am 02.02.25: 85 gefallene Soldaten.
  • Aktualisiert am 11.06.25: 103 Tote

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