Soldaten Altai

Etwas zu kurz gekommen in unserer Berichterstattung ist die russische Teilrepublik Altai. Die Region ist stark landwirtschaftlich geprägt und dünn besiedelt. Insgesamt leben etwa 200.000 Menschen in der Republik, davon 84.000 in der Hauptstadt Gorno-Altaisk. 50% der Bevölkerung sind Russen - Tendenz abnehmend, etwa 35 % sind Altaier, ein Turkvolk, Tendenz steigend.

Die Region ist wirtschaftlich unterentwickelt, es gibt keinen Eisenbahnanschluss und nur eine geteerte Straße durch das Land. Allerdings hat die Republik eine beeindruckende Berglandschaft zu bieten und die Natur ist noch weitgehend intakt.

Wie alle armen Regionen Russlands hat auch die Republik Altai eine sehr hohe Todesrate im fernen Krieg gegen die Ukraine zu verzeichnen - gemessen an der Bevölkerung. In unserer aktuellen Liste liegt sie auf dem vierten Rang. Die Gründe sind dieselben, wie in den anderen armen Regionen - Arbeitslosigkeit und der hohe Verdienst.

Die Berichte über die gefallenen Soldaten aus dem Altai enthalten nichts von dem verdrehten Geschwurbel aus anderen russischen Regionen - nichts von der Verteidigung des Vaterlandes, vom Kampf gegen die Nazis oder vom Krieg für einen friedlichen Himmel. Wir wollen sechs Beispiele im Originaltext vorstellen.

Nischneje Kasanischtsche

Foto von Nischneje Kasanischtsche aus dem Jahr 2014

Am 24.Februar 25 wurden zwei Heldenschreibtische in Nischneje Kasanischtsche eingeweiht. Wir befinden uns in einer großen Siedlung mit etwa 17.000 Einwohnern, die davon profitiert, dass sie in der Nachbarschaft der Stadt Buinaksk liegt. Beide Orte liegen am nordöstlichen Rand des Kaukasus in der russischen Teilrepublik Dagestan.

Nischneje Kasanischtsche wird fast ausschließlich von Kumyken bewohnt, einer turksprachigen Ethnie, die die drittgrößte Gruppe in Dagestan bildet. Die vorherrschende Religion ist der sunnitische Islam.

Im Krieg gegen die Ukraine sind zwei ehemalige Schüler gefallen: Zalibek Magomedow und Ruslan Kasakow. Über beide Kriegstote sind uns keine Details bekannt. Die Schule hat allerdings von der Einweihung ein bescheidenes Video veröffentlicht, das wir dokumentieren wollen.

Geboren unter Putin, getötet unter Putin


Sergej Sergejewitsch Schatow
geboren am 05. März 2001

Dascha-Nima Bairowitsch Babujew
geboren am 01. Januar 2002

Egor Nikolajewitsch Gurinow
geboren am 01. Januar 2002

Bain Erdynewitsch Lubsanow
geboren im Jahr 2.000

Erdem Schoischodorschiewi. Tsyrenow
geboren 16.03.2001

Maxim Bimbajewitsch Tsydypow
Maxim Bimbajewitsch Tsydypow
geboren 25.09.2000


Alexander Jewgenjewitsch Jerbajew
geboren 25. 11.2002

Alexej Dmitrijewitsch Tokarew
geboren 23. Juni 2000

Iwan Alexandrowitsch Nikitin
geboren 11. Januar 2000

Dmitri Wladislawowitsch Michejew
geboren 25. August 2004

Pjotr Andrejewitsch Alexandrowski
geboren 26. April 2003

Alexander Zyrenow
geboren 1. September 2004

Tuwa Parlament

Am 20. Februar 2025 wurden im "Obersten Chural", dem Parlament der russischen Teilrepublik Tuwa, "Mutorden" an die Angehörigen im Krieg gegen die Ukraine gefallenen Soldaten verliehen. Insgesamt wurden an diesem Tag 26 Mutorden feierlich verteilt, wobei diese Ehrung beinahe jedem im Krieg getöteten russischen Soldaten zu Teil wird.

Über die wirtschaftliche Situation in Tuwa schreibt die russische Wikipedia: "Tuwa ist die ärmste subventionierte Region der Russischen Föderation (die Armutsquote in der Republik lag 2017 bei 41,5%). Die Kinderarmut in der Republik ist beispiellos. Der Kinderanteil in der Bevölkerungsstruktur beträgt etwa 35%, und aufgrund der fehlenden Beschäftigung bezieht die Mehrheit der Familien Sozialleistungen."

Viktor Nikolajewitsch BleiderDie Dorfschule gab den Tod von Viktor Nikolajewitsch Bleider bekannt. Viktor kam aus dem Dorf Biriktschul in Chakassien, war 43 Jahre alt und hatte sich wahrscheinlich freiwillig gemeldet. Er wurde am 24. Januar 2025 in der ukrainischen Region Donezk getötet. Daniel Nikolajewitsch Reinwald

Daniel Nikolajewitsch Reinwald hatte sich wohl nach dem Wehrdienst als Zeitsoldat verpflichtet. Er wurde in der Ukraine getötet und im kleinen Dorf Moscharow-Maidan in der Oblast Nischni-Nowgorod begraben. Geboren am 25. Juli 2002, getötet am 5. November 2024.
Lew Ockert
Lew Wladimirowitsch Ockert war untauglich und musste keinen Wehrdienst ableisten. Das wurmte ihn, er wollte ein richtiger Mann sein. Aber beim Kriegsdienst nehmen sie jeden und so unterzeichnete er einen Militärvertrag. Seiner Freudin erklärte er: „Vika, ich möchte meine Mutter, alle meine Lieben und dich beschützen."  Lew lebte in Bratsk, einer Großstadt in Irkutsk.

Die folgende Liste enthält 42 Namen aus dem Monat Februar 2025, die von Russlanddeutschen sein könnten. Sie erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit und vielleicht haben manche Namen auch einen anderen Ursprung. Korrekturen nehmen wir gerne entgegen und wer sich mit der Material näher beschäftigen möchte, dem stellen wir gerne auch die ganze Namensliste aus dem Monat Februar 2025 zur Verfügung (Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!).

Ich suche DichWir haben am 25. Februar das ukrainische staatliche Projekt "Ich will jemanden finden" vorgestellt, über das russische Bürger eine Suche nach vermissten oder gefangenen russischen Soldaten starten können. Es gibt so viele Fragen innerhalb der russischen Bevölkerung nach dem Schicksal von Soldaten, Angehörige suchen nach weiteren  Informationen oder wollen wissen, wie sie eine Identifizierung unterstützen können - die Behörden und das Militär helfen dabei in der Regel nicht.

Viele getöteten Soldaten liegen im Niemandsland zwischen den Fronten - teilweise schon seit über einem Jahr. Die Leichen sind in einem verwesten Zustand, von Tieren angefressen und nur unter Lebensgefahr zu bergen. Deshalb kümmert sich die Armee nur wenig darum.

Die Angehörigen dagegen werden über das Schicksal der Soldaten häufig im Ungewissen gelassen.

Inzwischen gibt es zahlreiche Initiativen auf VKontakte, Telegram oder mit eigenen Webseiten, die sich mit all den Suchanfragen beschäftigen. Dazu gibt es Chatrooms auf Telegram, in denen sich Angehörige austauschen können. Wir wollen einige vorstellen.

Wie behinderte Menschen aus dem Krieg mit der Ukraine in Russland leben

Ein Soldat ohne Bein krabbelt die Treppe hinauf - Artem Glebow bat seine Freundin, dieses Video zu drehen, um die Haltung gegenüber behinderten Menschen in Russland zu zeigen. Der ehemalige Soldat aus Surgut (Großstadt im Autonomen Kreis der Chanten und Mansen/Jugra), der an der Invasion in der Ukraine teilgenommen hat, hat seine gesamten Raten für Kredite und medizinische Behandlungen ausgegeben und ist nun gezwungen, bei seinen Eltern zu leben. Er wartet seit fast zwei Jahren auf eine Prothese für sein rechtes Bein. Seine Freunde schreiben Beschwerden an die Staatsanwaltschaft und den Präsidenten - sie bleiben unbeantwortet.

Andere Kriegsversehrte geben gegenüber den Journalisten zu, dass Artems Situation nicht die schlimmste ist - immerhin hat er Zahlungen für seine Verletzung erhalten.

Im Krieg gegen die Ukraine gefallene Soldaten aus der Oblast Astrachan

Astrachan Titel

Junge Rekruten unter Führung eines Popen wurden zur Feier abkommandiert

Die Oblast Astrachan liegt im Südosten des europäischen Russlands, die Wolga mündet in der Region in das Kaspische Meer. In der gesamten Oblast leben etwa eine Million Menschen.

Am 23. Februar 25 fand in der Stadt Astrachan die Eröffnung eines Denkmals für die gefallenen Soldaten der gesamten Oblast statt. Auf den 13 Tafeln befinden sich 1.112 Namen der im Krieg gegen die Ukraine getöteten Männer. Stichtag war der 15. Januar 25 und seither werden neue Namen dazugekommen sein.

Dieses Denkmal mit all den vielen Namen dürfte die umfassendste Gedenkstätte zum Krieg gegen die Ukraine in Russland sein. Sie ist gleichzeitig ein Menetekel für die russische Führung, das zeigt, dass ihre Zeit langsam aber sicher abläuft. Denn diese ungeheuren Verluste an Menschen kann auch die russische Gesellschaft auf Dauer nicht verkraften

Sarow

Falls ihr die Stadt Sarow in Russland nicht kennt, dann ist das eigentlich keine Bildungslücke. Denn seit Ende des zweiten Weltkriegs wechselte die Stadt mehrmals ihren Namen und wurde zudem von den russischen Landkarten getilgt. Der Grund dafür ist das Atomwaffenzentrum in der Stadt, das sich der Entwicklung und Forschung von Kernwaffen verschrieben hat. Und natürlich ist die Stadt auch für Touristen und Ortsfremde gesperrt.

Sarow hat heute etwa 94.000 Einwohner, es liegt auf der Grenze zwischen der Oblast Nischni Nowgorod und der Republik Mordwinien. Kürzlich wurde obiges Denkmal eingeweiht, das die im Krieg gefallenen Soldaten der Stadt aufzählt. Auf der Platte oben links sind drei Namen eingraviert - die Gefallenen im Krieg in Afghanistan, darunter sieben Namen aus dem Tschetschenienkrieg und daneben dann 46 Soldaten, die im Krieg gegen die Ukraine getötet wurden.

Wir haben das Foto mit maximaler Auflösung eingestellt, damit die Namen lesbar bleiben. Der Text zum Foto:

Ilirnei

Das Dorf Ilirrnei in Tschukotka -- Foto: AlGaman -- Lizenz: CC BY-SA 3.0

Wieder berichten wir aus dem Autonomen Kreis der Tschuktschen, heute aus dem kleinen Dorf Ilirnei mit 188 Bewohnern im Landesinneren von Tschukotka. Im Dorf leben hauptsächlich Tschuktschen, die Rentierzucht und Fischerei betreiben.

Ilrnei ist schwer zu erreichen. Der nächste Ort ist Bilibino, das über eine 150 km lange Winterstraße verbunden ist. Ansonsten gibt es regelmäßige Hubschrauberflüge zu dem Dorf.

Aktuell berichtet die Presseagentur von Tschukotka, dass zwei junge Männer aus Ilirnei im Krieg gegen die Ukraine getötet wurden. Wir geben den Bericht vom 12. Februar 25 im Original wieder. Im Verhältnis zu der Einwohnerzahl nimmt Tschukotka einen Spitzenplatz bei gefallenen Soldaten im Krieg gegen die Ukraine ein.

Konstantin Jurjewitsch Laubenstein Adam Anatoljewitsch Gerk Egor Borissowitsch Weber
Konstantin Jurjewitsch Laubenstein
aus der Stadt Uwa in Udmurtien, geb. 18.02.1993, beigesetzt am 14.01.25
Adam Anatoljewitsch Gerk
aus Dorf Troizkoje in der Region Omsk, mobilsiert, geb. 20.01.1989, getötet am 06.01.25
Egor Borissowitsch Weber
aus der Industriestadt Prokopjewsk in Kemerowo
Aleksey Alekseevich Goferberg Alexej Wladimirowitsch Reimer Sergej Wiktorowitsch Salzmann
Aleksej Aleksejewitsch Goferberg
aus Nowosibirsk
27.02.2001 - 24.12.2024
Alexej Wladimirowitsch Reimer
aus Chanty-Mansijsk im Autonomen Kreis der Chanten & Mansen, mobilisiert, geb. 14.04.88, getötet am 02.01.25
Sergej Wiktorowitsch Salzmann
aus Dorf Andronowo in der Region Kaluga
03.06.1984 -02.01.2025

Insgesamt konnten wir bei einer oberflächlichen Suche unter den getöteten russischen Soldaten im Januar 2025 insgesamt 51 deutsche Namen  identifizieren.

Zwei russische Angreifer beobachtet von einer ukkrainischen Drohne

Wie Kranke und Krüppel zum Kampf gezwungen werden

Neulich wurde ein weiterer mobilisierter Russe an die Front geschickt, der in die Kategorie „D“ (wehrunfähig) eingestuft worden war. Nach seiner Verwundung wurde er einer Einheit in Omsk zugeteilt, aber nach zweimonatiger Behandlung wurde er auf Krücken direkt an die Front geschickt. „Du gehst auf Krücken? So, auf Krücken und du gehst zur Infanterie!“ - zitierte Ilja Kowalenkos Frau den Kommandeur seiner Militäreinheit #90600 in einem Interview mit der Redaktion von „Fenster“.

Menschenrechtsaktivisten sagten, dass die Entsendung von Personen der Kategorie „D“ an die Front bereits vor drei Monaten - ab November 2024 - begonnen hat: Sogar diejenigen ihrer Mandanten, deren Ansprüche noch vor Gericht verhandelt würden, würden in den Krieg geschickt.

Go to top