31.01.2025 -- 96.929 // Zuwachs zum 31.12.2024: 5.360
Zur Orientierung - Ussurijsk ist eine Großstadt in der Region Primorje im Fernen Osten Russlands. Die Stadt hat etwa 180.000 Einwohner, sie ist 60 km von der chinesischen Grenze und genau so weit vom pazifischen Ozean entfernt.
In einem lokalen Telegram-Kanal wurde jetzt ein Video veröffentlich, das kurz und knapp 75 Namen mit Foto und Geburts-, bzw. Sterbedatum von im Krieg gegen die Ukraine getöteten Soldaten aus Ussurijsk nennt. Wir haben drei fünf Namen nachgetragen.
Das Höhlenkloster Mariä Himmelfahrt in Pskow-Petschory gehört zu den größten und berühmtesten Klöstern Russlands. Petschory ist eine Kleinstadt in der Region Pskow mit ca. 11.000 Einwohnern, die direkt an der Grenze zu Estland liegt. Bis 1945 gehörte der Ort noch zum unabhängigen Estland, deshalb wurde das Kloster auch während der revolutionären Phase der Sowjetunion niemals geschlossen. Man nimmt an, dass im 15. Jahrhundert das Kloster durch russisch-orthodoxe Mönche gegründet wurde, die in selbst gegrabenen Höhlen lebten.
Timofej Litwinow arbeitete als Novize in diesem Kloster und trat dann danach in das dortige Priesterseminar ein. Im ersten Jahr brach er seine Ausbildung ab und zog in das Kriegsgebiet - warum auch immer. Jetzt ist er tot - das Kloster klammert sich noch an einen Strohhalm, denn offiziell gilt er als vermisst. Das Kloster und die Gemeinde hoffen noch immer auf seine Rückkehr und bitten, in aller Stille für ihn zu beten.
In der Stadt Dalneretschensk scheint es einige Videokünstler zu geben, die miteinander konkurrieren. Kaum hatten wir die erste Notiz dazu geschrieben, sind wir über zwei weitere Filme gestolpert mit jeweils anderer Anmutung, aber dem selben Inhalt.
Die meisten der gezeigten Personen überschneiden sich in den drei Videofilmen, aber in jedem Film haben wir Kriegsopfer gefunden, die wir bisher nicht notiert hatten. Und diese Fingernägel!
Film II
Die Informationen über russische Kriegstote kommen aus den unterschiedlichsten Quellen. Immer öfters veröffentlichen Institutionen und Privatpersonen Videos über gefallene Soldaten. Da meist dilettantisch fabriziert, dazu noch extrem zeitraubend, würden wir gerne auf solche Informationen verzichten, was leider nicht geht.
Der Bezirk Dalnertschenskij und die Stadt Dalneretschensk haben zusammen knapp 40.000 Einwohner. Der Bezirk liegt etwa in der Mitte der Region Primorje und grenzt im Nordwesten an China. Auch aus dieser Region wurde ein achtminütiges Video über die Opfer des Krieges gegen die Ukraine erstellt. Wir haben im Film 33 getötete Soldaten gezählt, davon waren uns sechs bisher unbekannt.
Da die gefallenen Soldaten meist im Zusammenhang mit Angehörigen gezeigt werden, kann man erkennen, aus welchen gesellschaftlichen Schichten die Kriegsopfer kamen.
In Baschkiristan gibt es ein größeres Dorf mit dem schönen Namen Karaidel. Es liegt über 200 km von der Hauptstadt der Republik entfernt und hat mehr als 6.000 Einwohner. Aus diesem Dorf kam Murad Abdurakhmanowitsch Gafurow, sein Alter ist uns nicht bekannt. Murad musste keinen Wehrdienst leisten, beruflich erfolgreich war er auch nicht. Er arbeitete in einem kleinen Sägewerk und verdingte sich als Wachmann. Aber hatte geheiratet und vier Kinder gezeugt.
Kein Wunder dass Murad irgendwann mal richtiges Geld verdienen wollte. Am 17. Juni 23 schloss er einen Vertrag mit der Gruppe Wagner und sollte am Krieg gegen die Ukraine teilnehmen. Er hatte Glück - bereits am 17. Juli wurde er aus gesundheitlichen Gründen nach Hause geschickt.
Doch Murad forderte sein Schicksal heraus - am 15. Dezember 23 schloss er erneut einen Vertrag mit dem Militär und zog in den Krieg. Bereits am 17. Januar 24 war er tot. Seine Rückreise dauerte erheblich länger. Erst am 5. Mai wurde er bestattet.
Der 57-jährige Juri Galuschko soll am 4. Mai in der Region Donezk sechs russische Kollegen erschossen haben. Nach der Tat soll er mit der Tatwaffe - ein AK-12-Sturmgewehr mit Schalldämpfer und Munition - geflüchtet sein und wird jetzt in allen Grenzregionen gesucht. Juri Galuschko stammt aus dem ukrainischen Charkiw, hatte eine russische Frau geheiratet und lebte mit russischem Pass in Belgorod. Soweit waren sich alle Meldungen einig, danach aber nicht mehr.
Die meisten russischen Medien schreiben, dass Galuschko aus einer Haftanstalt rekrutiert worden wäre, Belege dafür gäbe es noch nicht.
Andere schreiben, dass er ein Bücherwurm sei und Geld für eine Augen-OP brauchte, weil er sonst Gefahr liefe zu erblinden. Deshalb wäre er zum Militär gegangen. Seine Mutter lebe noch in Charkiw und hätte auf Grund eines russischen Bombenangriffs einen Infarkt erlitten.
In einem sind sich alle Schreiberlinge wieder einig: Der Mann wird versuchen, sich auf die ukrainische Seite hinüberzuschleichen.
Immer wieder finden wir gefallene Soldaten aus den ersten Kriegsmonaten in regionalen Zusammenstellungen, die wir bisher nicht erfasst haben. Hier ein Beispiel:
Alexej Sergejewitsch Golowlew wurde am 23. Dezember 1991 in Lesosawodsk, Region Primorje geboren. Meldete sich freiwillig zum Kriegseinsatz. Am 15. April 22 war sein erster Einsatz, am 23. April 22 war sein letzter Einsatz.
Im Dorf Sukpai gedenkt man dem ehemaligen Schüler Waleri Anatoljewitsch Sawin. Er ist im Krieg gegen die Ukraine gefallen. Der Mann war 39 Jahre alt, eine Ausbildung hatte er nicht, dafür meldete er sich freiwillig zum Kriegsdienst. Wenn man sich den Zeitablauf anschaut, dann ist Waleri nur zum Sterben in den Donbass gereist. Am 27. Februar 23 unterschrieb er einen Vertrag, danach die lange Reise von ganz im Osten in den Westen Russlands, weiter in den Donbass. Selbst mit dem Flugzeug kann das dauern. Am 10.03.23 hatte man bereits den Kontakt mit ihm verloren. Dafür brauchte er für die Rückreise länger. Am 11.11. hat man ihn begraben. Den Schülern erzählt man aber keine wahren Gruselgeschichten, dafür lieber die Märchen vom Helden. Auch Waleri bekam einen Heldenschreibtisch.
06.05.24
Der Unternehmer und Blogger Konstantin Petrow besuchte die Stadt Murmansk ganz im Norden Russlands. Er veröffentlichte Ende April ein Video seiner Reise, in dem er über seine Eindrücke nach einem Stadtrundgang spricht. In den Aufnahmen fragte Petrow, wann Exkursionen aufhören würden, Schlachtstätten und Grabdenkmäler zu zeigen? Das hätte er besser nicht fragen sollen.
In den sozialen Medien wurde er als "falscher Russe" und Feind tituliert, der Gouverneur der Region schaltete sich ein und meinte, solche Besucher brauche die Region nicht.
Konstantin Petrow reagierte darauf, dass er lediglich die Idee vermitteln wollte, dass man auf die positiven Aspekte des Lebens achten solle und diese zu würdigen wisse. Das half überhaupt nicht. Bewohner der Stadt hielten das Taxi an, mit dem Petrow zum Flughafen fahren wollte und forderten den Fahrer auf, seinen Passagier abzusetzen. Das passierte dann auch.
"„Warum sind solche Nichtmenschen immer noch auf freiem Fuß?“ fragten Nutzer der russischen sozialen Medien. Wahrscheinlich nicht mehr lange. Ein Untersuchungsausschuss hat ein Strafverfahren eröffnet. Petrow drohen bis zu fünf Jahren Gefängnis.
06.05.24
Wir hatten schon mehrfach über Fälle berichtet, bei denen verurteilte Verbrecher plötzlich zu Helden mutierten, weil sie im Krieg gegen die Ukraine getötet wurden. Diese Vorbilder wurden dann in ihren Heimatgemeinden öffentlich geehrt. Es gibt zumindest einen gegenteiligen Fall.
Die Stadt Gubkin liegt in der Region Belgorod und hat knapp 90.000 Einwohner. Die dortige Verwaltung verweigerte einem Kriegstoten die Bestattung in der Allee der Helden.
Juri Leonidowitsch Melnik hatte bereits eine Vorstrafe als er im Jahr 2019 wegen Besitzes eines Mosin-Gewehrs, eines PPSh-Sturmgewehrs, eines Jagdgewehrs, von TNT-Blöcken und verschiedener Waffenbestandteile, sowie wegen des Kaufs von Mephedron vor Gericht stand. Er wurde zu einer Haftstrafe von 1,5 Jahren verurteilt.
Der Anwalt des Toten ging mit dem Fall an die Öffentlichkeit: "Wer hat dem Bürgermeister die Befugnis erteilt zu bestimmen, wer ein Held ist und wer nicht? Anscheinend sind wir auch nach dem Tod alle unterschiedliche Soldaten und unser Vaterland ist wahrscheinlich anders, da es „seine“ Söhne unterschiedlich behandelt. Ich möchte wirklich, dass das ganze Land und nicht nur der Präsident seine bürokratischen „Helden“ kennt."
Wladimir Lunin stammte aus einem Dorf in der Region Tjumen. Geboren 1998 strebte er eine schnelle militärische Karriere an. Nach der Schule ging es zur höheren Militäringenieurschule Tjumen. Die schloss er als Maschinenbauingenieur ab im Rang eines Leutnants. Von Tjumen wurde er in den fernen Osten in die Region Amur versetzt und nach einem Jahr dort ging es für ihn in den Krieg gegen die Ukraine. Am 30. Dezember 22 wurde er auf die lange Reise geschickt, am 10. Januar 23 war er bereits tot.
Aber - er hätte wie ein wahrer Patriot gekämpft und sich mutig dem Tod gestellt, schreibt der Bezirksvorsteher. Jetzt gibt es im Heimatdorf eine Gedenktafel und jener Bezirksvorsteher sinniert über den Krieg:
Russland ist erneut gezwungen, den Nationalsozialismus zu bekämpfen. Der Feind wird im Namen unserer heiligen Geschichte, im Namen der Erinnerung an unsere Großväter und Urgroßväter und für zukünftige Generationen definitiv besiegt.
Kein Platz für Sentimentalitäten gibt es im Krieg. Jewgeni Jaruschin aus der Stadt Krasnoufimsk in der Oblast Swerdlowsk hatte sich zwar einen lustigen Alias zugelegt, aber geholfen hat der dann doch nicht. Jewgeni wurde am 24. April an der Front getötet. Was bleibt ist ein nachdenkliches Bild von ihm im Soldatendress mit drei Tulpen in der Hand, das jetzt seinen Nachruf schmückt. Leider ist von der Macht der Blumen (Flower-Power) nicht viel übrig geblieben, die in den 70-iger Jahren auch ein Symbol gegen den Vietnamkrieg war.
Im Süden der Oblast Irkutsk liegt der Bezirk Echirit-Bulagatski mit knapp 30.000 Einwohnern. Etwa 40% der Bevölkerung dort sind Burjaten. Nach seinem Foto gehörte auch Wassili Olegowitsch Borontsoew zu dieser Volksgruppe. Er wurde am 06. Mai 1988 in dem Bezirksdorf Darchat geboren. Sein Lebenslauf wurde im Nachruf holprig geschönt. Nach dem Gymnasium hätte er an der Burjatischen Staatlichen Universität, Abteilung für Geschichte, studiert. Als Abschluss wäre dann der Beruf eines Wachmanns herausgekommen. Einige Jahre hätte er auch in Sicherheitsunternehmen gearbeitet. Danach war er arbeitslos, zog zurück ins Dorf und hat seinen Eltern bei der Haus- und Landarbeit geholfen.
Und obwohl er nie beim Militär war, wollte Wassili auch in den Krieg ziehen und höchstwahrscheinlich schnell viel Geld verdienen. Im November 23 versuchte er es ein erstes Mal und wurde als untauglich wieder nach Hause geschickt. Am 9. Januar 24 klappte es dann mit dem Kriegsdienst. Nach zwei Wochen Ausbildung ging es an die Front. Am 9. Februar war bereits Schluss, die Kugel eines Scharfschützen hatte sein Leben beendet.
Der tote Wassili hatte es nicht eilig nach Hause zu kommen. Dafür war er nicht wichtig genug. Der Leiter des Bezirks konnte den Leichnam auf Bitten der Mutter nach 2,5 Monaten zurückholen.
Aus der Kleinstadt Dalneretschensk ganz im Osten Russlands an der Grenze zu China machte sich Anton Wiktorowitsch Gurdin, geboren am 14. Januar 1986, auf den langen Weg zum Krieg im Donbass. Mit einem Maschinengewehr in jeder Hand und einer Fluppe im Mund hielt er sich wohl für unverwundbar. Am 9. Januar 2024 meldete er sich freiwillig, am 20. März wurde er tötlich verwundet.
"Durch sein persönliches Beispiel inspirierte er die Soldaten immer wieder zu Heldentum und Heldenmut", schreibt die Bezirksverwaltung der Kleinstadt Dobrjanka in der Region Perm über den Tod des russischen Soldaten Igor Wladimirowitsch Gomzin. Er hätte in verschiedenen Organisationen gearbeitet, heißt es weiter, was übersetzt meist nichts Gutes zu bedeuten hat. Aber am 11. Dezember 23 unterzeichnete Igor einen Vertrag beim russischen Militär. Viel Heldentum und Heldenmut konnte er dort auch nicht zeigen. Bereits am 9. Januar 24 war damit Schluss.
28.04.24
Am 21.04.24 wurde im Dorf Totskoe-2 ein weiterer gefallener russischer Sodat beigesetzt - Sergej Aminowitsch Alijew (Foto). Wir hatten schon mehrere Kriegstote aus diesem Ort, denn Totskoe-2 (Tozkoje Wtoroje) ist ein geschlossenes Garnisonsdorf in der Region Orenburg.
Im Moment ist das Dorf Standort der 27. motorisierten Schützendivision, die im Jahr 1991 aus der ehemaligen DDR abgezogen wurde. Damals wurden mit deutschem Geld die neuen Standorte der abziehenden sowjetischen Armee renoviert und ausgebaut.
Der Ort grenzt an einen Truppenübungsplatz mit einer üblen Geschichte.
In den Jahren 1920-1930 testeten die UdSSR und Deutschland hier nach einer inoffiziellen Vereinbarung gemeinsam Gaswaffen.
Am 14. September 1954 wurde auf dem Übungsplatz eine Atombombe gezündet. An der Übung waren 44.000 Mann, mehr als 500 Geschütze und Mörser, bis zu 500 Panzer, etwa 600 gepanzerte Personentransporter, mehr als 300 Flugzeuge, 6.000 Traktoren und Autos beteiligt. Zahlreiche Soldaten wurden verstrahlt und kamen ums Leben.
Alexander Chripuschin, geboren 1985 aus der Region Woronesch, wurde als Söldner der Gruppe Wagner am 24. Februar 23 irgendwo an der Front getötet. Er hätte sich im Januar 23 freiwillig zum Kriegsdienst gemeldet. Vorher hätte er KFZ-Mechaniker gelernt, 2012 geheiratet und einen Sohn gezeugt, zum Schluss auf dem Bau gearbeitet, heißt es im Nachruf. Eine Kleinigkeit wurde allerdings vergessen:
Im Jahr 2020 wollte Alexander in Woronesch ein Auto stibitzen. Er wurde von der Polizei erwischt, festgenommen und dabei auch genetisches Material von ihm entnommen. Dabei kam man auf eine neue Spur.
Im August 2008 war der damalige 23-jährige Alexander in ein Haus eingedrungen. Er fesselte die Bewohnerin, eine 68-jährige Rentnerin, vergewaltigte und tötete sie. 2021 kam es dann zum Prozess, Alexander Chripuschin wurde zu 17 Jahren Gefängnis in einer Hochsicherheitskolonie verurteilt,
27.04.24
Als Wjatscheslaw Wassiljewitsch Beschenar im Jahr 1986 in Chisinau geboren wurde, gab es die Sowjetunion noch. Doch Chisnau wurde dann die Hauptstadt der unabhängigen Republik Moldau und seine Eltern sind in die Region Brjansk gezogen.
Wjatscheslaw hätte sich als Einzelunternehmer im Personentransport versucht, berichtete die Presse. Übersetzt dürfte das der Beruf eines Taxifahrers gewesen sein. Doch das Unternehmertum war glücklos, ein Schiedsgericht hatte Wjatscheslaw für pleite erklärt.
Als Freiwilliger im Kriegsdienst gegen die Ukraine verdient man so viel Geld, dass man die Schulden wieder vom Hals bekommt. Und in der Zeit an der Front ist man für die Gerichtsvollzieher sowieso sakrosankt. So ging auch Wjatscheslaw zum Militär. Am 1. Dezember 23 verlor man den Kontakt zu ihm, erst am 16. April wurde er bestattet.
Pantelei Alexandrowitsch Wukolow wurde am 8. August 1959 in der damaligen "Moldauischen Autonomen Sozialistischen Sowjetrepublik" geboren und ist irgendwann in die russische Region Twer umgezogen. Warum der Mann in den Krieg ziehen wollte, konnte man den diversen Veröffentlichungen nicht entnehmen. Aber wie so oft, dürfte die sehr gute Entlohnung die Triebfeder gewesen sein.
Dass das russische Militär einen 64-jährigen Mann für den Krieg gegen die Ukraine braucht, dürfte das eigentliche Überraschende sein. Aber dann doch wieder nicht, wenn man den Beitrag von Pantelei zum Kriegsgeschehen betrachtet. Am 29. Januar 2024 schloss er einen Vertrag mit dem Militär, am 25. März wurde er an der Front getötet. Kanonenfutter braucht man immer.
26.04.24
Illarion Alexandrowitsch Tschelowetschkow war ein Absolvent des Waisenhauses „Ostrowok“ aus dem Kemerowo Dorf Maly Korchugan. Wie so viele Waisen landete auch er im russischen Krieg gegen die Ukraine. Begraben wurde er am 17. April 24 in der nahen Kleinstadt Topki. Er wäre ein freundliches, aufgewecktes Kind gewesen, schreibt eine ehemalige Mitarbeiterin des Waisenhauses in den Kommentaren. Persönliche Daten - Fehlanzeige, mehr muss man auch nicht wissen.
24.04.24
Etwa 160 verschiedene Meldungen über gefallene Soldaten sind am 17.04.24 zusammengekommen. Egal ob es kurze oder lange Nachrichten waren, der Informationsgehalt war in der Regel dürftig. Und trotzdem konnten wir aus diesem einen Tag neun Meldungen herausfischen, die zeigen, wie schnell russische Soldaten an der Front in den Tod getrieben werden.
Zu den merkwürdigen Gestalten, die sich zu den "Donbass Separatisten" gesellten, gehörte auch der Texaner Russell Bonner Bentley III (geb. 1960). Begonnen hatte er in jungen Jahren als Sozialist, flog von der Schule und wurde schließlich vom Vater beim Militär untergebracht. Danach wurde er ein Marihuana-Aktivist und begann selbst Drogen zu schmuggeln. Mitte der 90-iger Jahre wurde er verhaftet und zu fünf Jahren Haft verurteilt. Doch kurz vor dem Ende seiner Zeit im Gefängnis büxte er aus und lebte danach im Untergrund. Zehn Jahre später erwische man ihn doch noch, und er musste den Rest seiner Strafe absitzen.
Ende 2014 reiste er in den Donbass und schloss sich dem vom russischen Geheimdienst initiierten Wostok-Bataillon an. Per Crowdfunding hatte er sich seine Reise finanzieren lassen. Bis etwa 2017 war er bei den dortigen Freischärlern, danach agierte er als Propagandist (Donbass-Cowboy) für die russische Sache via eines Youtube-Kanals und als Kriegskorrespondent für die russische Nachrichtenagentur Sputnik.
Am 8. April dieses Jahres wurde Russel Bentley als vermisst gemeldet, am 19. April meldete das Wostok-Bataillon seinen Tod. Seine Frau und auch ein ehemaliger Donbass-Kommandant gaben an, dass russische Soldaten ihn in der Nähe der Front gefangen genommen hätten. Die betreffende Einheit war unter Beschuss geraten, hatte Verluste erlitten und hielt den Mann für einen Spion, der ihre Position verraten hätte.
Russel Bentley überlebte das Verhör nicht und es ist ziemlich wahrscheinlich, dass niemand dafür die Verantwortung übernehmen muss. Dem ehemaligen Donbass-Kommandanten wurde schnell ein Maulkorb verpasst.
24.04.24
Der Mann auf dem Foto hieß Aichal Alexandrowitsch Burtsew. Er stammte aus Jakutien (Sacha) aus dem Dorf Saidy. Das Dorf hat sechs Straßen, keine ist geteert. 429 Menschen leben in dem Dorf unter rauen Bedingungen - Tendenz: es werden immer weniger. Die Durchschnittstemperatur im Januar beträgt −43 und die Tiefsttemperatur −57 Grad, der Kältepol des Nordens liegt in der Gegend. Sie leben von Rinder- und Pferdezucht, von der Fischerei und vom Pelzhandel. Das Dorf Saidy liegt im Werchojanski ulus, wobei ulus der dortige Begriff für Bezirk ist. Der gesamte Bezirk ist größer als Bayern, Hessen und Baden-Württemberg zusammen, es leben aber nur etwas um die 10.000 Menschen dort, 70% davon sind Jakuten.
Aus dem Dorf Saidy hat sich Aichal auf den langen Weg gemacht, um im Krieg gegen die Ukraine etwas mehr Geld zu verdienen. Es hat sich für alle nicht gelohnt - nicht für Aichal, nicht für die russische Armee. Am 30. Januar 24 hat er sich verdingt, am 25.03.24 wurde er getötet.
22.04.24
Fontanka nennt sich einer der Flüsse in St. Petersburg, an dessen Ufer viele russische Herrschaftshäuser stehen. Fontanka nennt sich auch das bekannteste Internetmedium aus der Stadt. Das berichtete gestern auf seinem Telegram-Kanal über einen Kriminalfall um einen Wagnersöldner:
In der Region Leningrad zerstückelte ein SVO-Mitglied des PMC Wagner eine Frau aus St. Petersburg.
In der Nacht des 21. April nahm die Polizei den 42-jährigen Alexej Serow fest. Laut "Fontanka" geschah dies im Dorf Nikolskoye (Bezirk Tosnensky, Gebiet Leningrad), wo die Beamten eintrafen, nachdem eine 20-jährige Frau aus St. Petersburg ihre Mutter als vermisst gemeldet hatte.
Es musste lange an der Wohnung geklingelt und geklopft werden. Als die Tür geöffnet wurde, konnte Serow nicht erklären, woher der Koffer kam, in dem sich bereits menschliche Überreste befanden.
Laut Fontanka kam Serow nach seiner Rückkehr aus dem Krieg gegen die Ukraine im vergangenen Sommer zur Arbeit in die Region Leningrad. Er hatte sich bereits Ende 2022 bei der Gruppe Wagner verpflichtet. Eigentlich kam er aus einer Strafkolonie in Udmurtien in das Kampfgebiet, wo er seit 2018 eine zwölfjährige Haftstrafe wegen Mordes verbüßte.
Serow gab bald zu, dass er die Frau nach einem Streit zerstückelt hatte. Er erzählte auch, wo er eine Bügelsäge und einen Koffer auf Rädern kaufen musste.
22.04.24
Fährt man von Krasnodar auf der Straße M-4 Richtung Süden hin zur Schwarzmeerküste dann kommt man an den Wirkungsstätten der ehemaligen Gruppe Wagner vorbei. Zunächst wäre der Flecken Molkino zu nennen. Das Dorf hat etwa 3.000 Einwohner, dort befindet sich ein großer Truppenübungsplatz der russischen Armee. Und angegliedert an diese Einrichtungen befand sich auch das Trainingsgelände und Hauptquartier der Gruppe Wagner. Das Dorf Molkino gehört zum Kurort Gorjatschi Kljutsch.
Fährt man ein paar Kilometer weiter dann liegt linker Hand ein paar Kilometer abseits das Dorf Bakinskaya mit dem größten Friedhof der Wagner Söldner. Auch dieser Ort gehört zum Kurort Gorjatschi Kljutsch. Und in der Nähe gibt es auch eine Kapelle zu Ehren der gefallenen Wagner-Söldner. Dort wurde jetzt ohne großes Tamtam ein Denkmal für Jewgeni Prigoschin und Dmitri Utkin aufgestellt. Prigoschin mit Schutzweste und Funkgerät, Utkin mit der obligatorischen Kalaschnikow. Auf dem Sockel des Denkmals sind die Worte „Erster“ und „Neunter“ – die jeweiligen Rufzeichen von Prigoschin und Utkin – sowie ihre Erkennungsmarken eingraviert.
Wäre zum Schluss noch die rhetorische Frage zu stellen: Gibt es neue Erkenntnisse zum Flugzeugabsturz vom 23.08.23, bei dem die Beiden ums Leben kamen?
Die absoluten Zahlen für Januar 25 haben wir bereits im Kopf unserer Seite veröffentlicht. Daran wird sich nur noch marginal etwas ändern.
Im Moment gehen wir noch etwa 800 Meldungen aus dem Februar 25 durch, das wird noch einige Tage dauern. Unsere Zusammenfassung für den Monat Januar wird etwa in einer Woche veröffentlicht werden.
Im Moment befinden wir uns im Austausch mit einer Initiativgruppe in Baschkortostan. Die russische Teilrepublik wird auch im Januar 25 die höchsten Verluste im Krieg gegen die Ukraine aufweisen und wir hoffen, dass wir in den nächsten Tagen einen Beitrag der Initiative veröffentlichen können, der die dortige Situation erklärt.
OM, 04.02.25
Es gab Rückfragen, welche Bedeutung unsere Ausweichdomain "gibtsnet.eu" hat und ob sich dahinter eine EU-kritische Einstellung verberge. Deshalb die kurze Geschichte dieses Domain-Namens.
Wer immer mit Kindern zum Einkaufen in einem großen Warenhaus/Supermarkt unterwegs war, wird diese Erfahrung gemacht haben. Das ausgelegte überreiche Warenangebot weckt beim Nachwuchs vielfältige Bedürfnisse, die sie mit Nachdruck einfordern. Zunächst erklärt man höchst pädogogisch, warum und weshalb man ihren Wünschen nicht nachkommt. Und manchmal hat man einfach keine Lust mehr zu langatmigen Erklärungen: Dies und das gibtsnet!
So bekam der Verfasser dieser Zeilen aus kindlicher Wut heraus den Namen Herr Gibtsnet verpasst.
Für Testzwecke brauchten wir damals eine neue Domain, da ist uns dieser Name eingefallen. Die de-Domainendung war schon vergeben, also haben wir die europäische Variante benutzt.
Der russische Ableger von Radio Liberty hat am 23. Januar 25 einen Beitrag veröffentlicht, der in Teilen unserem Bericht eine Woche zuvor entspricht. Und nein - es wurde nicht abgeschrieben, nur hat die Autorin sich auf die selben VKontakte-Seiten des baschkirischen Bezirks Belorezk bezogen wie wir.
Für alle die noch mehr Details wissen und sich deshalb nicht bei VKontakte anmelden wollen.
Im Zeitraum vom 1. bis 15 Januar 2025 haben wir 2.239 russische Kriegstote registriert. Das ist bereits eine große Zahl, aber nicht so groß, wie wir in unserer Statistik vom Dezember 24 angekündigt haben. Für uns bedeutete es, dass wir etwas nacharbeiten konnten. Und tatsächlich haben wir in diesem Zeitraum viele Gefallenen aus den Jahren 2022 und 2023 nachgetragen.
Die Erklärung für die geringere Zahl ist allerdings ganz einfach. Am 6. und 7. Januar feierte die orthodoxe Kirche Weihnachten, da gab es weniger Berichte zu gefallenen Soldaten. Das wird nicht so bleiben.
Eine Berichtigung zu unserer veröffentlichten Zahl der russischen Kriegstoten im Monat Dezember. Wir hatten im Kopf unserer Seite die Zahl -91.596- veröffentlicht. Das war nicht richtig, wir hatten einen Zahlendreher. Die richtige Zahl sind 91.569 dokumentierte russische Kriegstote, wir haben den Fehler korrigiert.
Vermutlich bis Ende der Woche wird es noch dauern, bis wir unseren vollständigen Bericht zum 31.12.2024 vorlegen können.
Zunächst müssen wir noch etwa 6.700 Namen übersetzen. Dabei helfen uns zwar Übersetzungsprogramme, aber in der Realität müssen wir jeden zweiten Namen nachkorrigieren, weil die Programme eine englische Fassung der Namen ausspucken und diese deshalb teilweise unaussprechlich werden.
Danach werden die Namen in unsere Listen der Regionen aufgenommen - das geht auch nicht automatisch und wenn eine 500-Marke überschritten wird, gibt es eine neue Datei. Und zum Schluss muss alles geschrieben und die Tabellen angelegt werden.
OM 07.01.24
Der Krieg Russlands gegen die Ukraine dauert jetzt beinahe drei Jahre, nach und nach verschwinden auch Medienunternehmen, VKontakte-Seiten und ganze Webseiten, vielleicht weil sie zu offen über die Resultate dieses Krieges geschrieben haben. Damit verschwinden auch viele von uns angegebe Links auf die Veröffentlichungen in Russland. Wir haben uns in soweit abgesichert & Screenshots gespeichert.
Auch die Webseite von Semyon Kochkin "Wütendes Tschuwaschien" wurde inzwischen gesperrt, die dort veröffentlichte Liste der tschuwaschischen Kriegstoten findet man jetzt bei "Skat-Media".
Unser Bericht über den baschkirischen Bezirk Baimak ist keine zwei Tage alt und beinahe alle auf die Originalbeiträge verweisenden Links sind tot. Also nicht ganz, sondern die Besucher erfahren, dass deren Inhalt gelöscht worden wäre.
Das dürfte kein Zufall sein, wahrscheinlich bekamen die Administratoren des Kanals "Baimak-Ortszweig der Kampfbruderschaft" einen entsprechenden Hinweis.
Wir haben heute Nacht einen größeren Beitrag über den Bezirk Baimak in Baschkirien zusammengestellt. Wir wollen damit aufzeigen, wie der Krieg gegen die Ukraine das Leben in den ländlichen Bezirken der Republik Baschkortostan beeinflusst.
Es ist aber nicht der einzige Beitrag, der sich mit diesem Thema befasst. Wir haben am 14. November 24 einen ähnlichen Bericht vom Bakalinsky Bezirk im Westen Baschkortostans veröffentlicht. Im Juni 24 haben wir über den Bezirk Tatyschlinski und im April über den Blagovarsky Bezirk geschrieben.
Nimmt man alle Berichte zusammen, bekommt man eine Ahnung, wie das Leben in den ländlichen Regionen sich darstellt und was dieser Krieg für die Baschkiren bedeutet.
Wir haben den Beitrag entfernt und definieren ihn zunächst als Falschmeldung. Die Frau aus Tschukotka, die den Originalbeitrag erstellt hatte, wurde inzwischen bei VKontakte gesperrt. Es gibt zudem Äußerungen, dass das Bild durch Photoshop erstellt wurde.
Auf Odnoklassniki gibt es den selben Inhalt, auf einer wenig Vertrauen einflößenden Seite. Solange wir keine weiteren Informationen haben, bleibt der Beitrag versteckt.
Siehe unseren neuen Beitrag zu den letzten Kereks.
Nachdem die Aufmerksamkeit zu unseren Veröffentlichungen wächst, eine kurze Information zu OskarMaria.
Unter diesem Pseudonym war der Initiator im Internet seit über 25 Jahren recht unregelmäßig präsent. Ab dem Jahr 2014 hat er hier über die Situation in den von Russland besetzten Gebieten des Donbass geschrieben. Als einer der ersten Journalisten überhaupt informierte er über die damals neu gegründete Gruppe Wagner.
Beruflich war er seit den 80-iger Jahren Geschäftsführer von diversen Medienunternehmen im Printbereich. Jetzt im Ruhestand, Kinder erwachsen, bleibt etwas mehr Zeit, die gesammelten Erfahrungen zusammen mit wenigen Mitstreitern für dieses Projekt zu nutzen.
Nachtrag: OskarMaria– das ist eine kleine Verbeugung vor dem beinahe vergessenen Schriftsteller Oskar Maria Graf. In Zeiten der Bücherverbrennungen wurden seine Werke von den Nazis verschont, ja sogar teilweise empfohlen. „Verbrennt mich!“ schrieb er 1933 in der Wiener Arbeiterzeitung, „nach meinem ganzen Leben und nach meinem ganzen Schreiben habe ich das Recht, zu verlangen, dass meine Bücher der reinen Flamme des Scheiterhaufens überantwortet werden und nicht in die blutigen Hände und die verdorbenen Hirne der braunen Mordbanden gelangen!“ Schließlich floh er in die USA – dort lebte er in bescheidenen Verhältnissen. Deutschland wollte den unbequemen Mann nach dem Krieg nicht wieder haben. Er starb 1967 in New York.
Literaturempfehlung: Wir sind Gefangene - Autobiograhie 1927.
Doppelt
Wladimir: 25. Artem Kozhenkov // Nischni Nowgorod: 35 Artem Kozhenkov
Wolgograd: 01 Juri Agarkov // Pskow: 41 Juri Agarkow
Kutelev Stanislav, dreifach, Kostroma, Rjasan und Orenburg. Nur Orenburg
Nikolai Symov, Rjasan & Tschuwaschien - nur Tschuwaschien
Mamontov Mikhail - Krasnodar Teil 1 & Teil 2
Ivan Alekseevich Chulkov, Kostroma, Pos. 51/56
Elimov Alexey Michailowitsch , Kostroma & Tschuwaschien
Falsch einsortiert
Ruslan Khamitov, Tscheljabinsk, kein Söldner der Gruppe Wagner