30.09.2024 -- 72.737 // Zuwachs zum 31.08.24 : 4.637
"Wahrer Patriotismus ist nicht, wenn man stolz auf das Vaterland ist, sondern wenn das Vaterland stolz auf einen ist," ist das Motto des Dorfes Romanicha in der Region Perm auf deren VKontakte-Seite. Im Jahr 2010 lebten noch 71 Menschen in dem kleinen Dorf, wie viele heute wissen wir nicht - aber zumindest ein Einwohner weniger.
Denn der 19-jährige Juri Gennadijewitsch Kitschigin aus dem Dorf war in den Krieg gezogen, wurde am 27. Februar 2024 getötet und ist erst am 29. September im Zinksarg nach Hause gekommen.
Beim Nachruf ist die Bezirksverwaltung auch ganz verwirrt. Er hätte sein Heimatland verteidigt, schreibt die Verwaltung des Stadtbezirks Krasnowischerski und nennt als Ort seines Todes dann doch die Ukraine.
Da angeblich das Leben in der Region Samara so viel günstiger wäre als in den russischen Metropolen, gehörte die Prämienzahlung für Freiwillige zu den Niedrigsten in ganz Russland. Aber ganz offensichtlich ließen sich in Samara nicht mehr genügend Freiwillige finden, die für jene 1,2 Millionen Rubel (etwa 12.000 €) bereit waren, ihre Leben oder ihre Gesundheit zu gefährden.
So beschloss die Regierung am 11. Oktober 24, ab Mitte des Monats deutlich mehr zu bezahlen. Jetzt gibt es ganze zwei Millionen Rubel (ca. 20.000 €), wenn man in Samara einen Vertrag mit dem russischen Militär eingeht.
Eine ziemlich skurile Meldung wurde in zahlreichen lokalen VKontakte-Kanälen aus der Region Saratow abgesetzt. Lassen wir die Autorin zu Wort kommen:
Bogdan Sergejewitsch Jewsejew, geboren am 10.04.2003, starb den Heldentod bei einem militärischen Zusammenstoß im Gebiet Cherson, Siedlung Kosatschije Lageri.
Abgehärtet durch Sport, Goldmedaillengewinner im Sambo, wich Bogdan nie zurück, aber das feindliche Schrapnell unterbrach sein Leben am 02.09.2024...
Im Saratower Institut für Innere Truppen war Bogdan einer der besten Kadetten in seinem Kurs. Und als einer der Besten wurde er gleich im 3. Jahr in die Zone des Nordöstlichen Militärbezirks geschickt, um die Ehre und den Mut der ruhmreichen russischen Soldaten in der Praxis zu zeigen.
In der Region Belgorod wurde am 27. August 24 die erste Frau getötet, die aus der Haft für den russischen Krieg gegen die Ukraine rekrutiert worden war. Jelena Pimonenkowa war 37 Jahre alt und stammte aus der Stadt Pikaljowo in der Oblast Leningrad.
Jelena hatte ein bewegtes Leben hinter sich. Sie wurde im Alter von 23 Jahren zunächst wegen Messerangriffs auf einen Mann verurteilt, dann wegen Autodiebstahls, Raubüberfalls, Sachbeschädigung fremden Eigentums und Morddrohungen. Im Jahr 2024 saß Jelena wegen Diebstahls in einer Frauenkolonie in Uljanowka, ebenfalls in der Region Leningrad gelegen.
Auch dort wurde für den Kriegsdienst in der Ukraine geworben. 60 Frauen meldeten sich, zehn wurden ausgesucht darunter Jelena.
Ohne jegliche medizinische Ausbildung wurde sie so zur „Sanitäterin im Gefangennahmekommando eines Angriffszuges“. Drei Wochen lang wurde Jelena an Waffen geschult, danach ging es an die Front und sie musste Verwundete evakuieren und Leichenteile aufsammeln.
Wie genau Jelena getötet wurde ist unklar. Angeblich wäre sie von einem Auto angefahren worden. Am 25. September 24 wurde sie begraben.
Unsere kleine Geschichte spielt in der tatarsischen Großstadt Nabereschnyje Tschelny und handelt von Wladimir Golub, 44 Jahre. Der Mann arbeitete bei dem Lastwagenhersteller Kamaz als Schweißer.
In seiner Freizeit hatte er vielfältige Interessen, nahm Gesangsunterricht und nahm Tiktok- und Youtube-Videos auf. Mit seiner Ehefrau hatte er 11 Kinder, dazu hatte er seit dem Jahr 2000 noch eine geheim gehaltene Beziehung, aus der drei Kinder hervorgingen.
Und weil das noch nicht genug ist, konvertierte Wladimir zum Judentum, trug nur noch Kippa und nannte sich Abraham Israilewitsch Melech.
Als die Sache mit der zweiten Beziehung aufflog, zog Wladimir/Abraham zuhause aus, bei der zweiten Frau ein und ließ sich scheiden. Seine berufstätige Ex-Ehefrau bekam Probleme mit dem Jugendamt, weil eine alleinerziehende und arbeitende Mutter mit 11 Kindern sicher überfordert ist.
Seinen neuen Namen ließ er sich in den Pass eintragen und wahrscheinlich wollte Abraham auch im Krieg seine vielfältigen finanziellen Probleme lösen. Im Juli 2024 schloß er einer Vertrag zum Kriegsdienst, zwei Monate später war er tot. Am 2. Oktober wurde er in der tatarischen Stadt Jelabuga begraben.
Ildar Saidow hatte eine steile Kariere beim russischen Zoll hinter sich gebracht. Seit 1995 war er in leitender Funktion in verschiedenen Regionen Russlands tätig, bis er schließlich 2017 erst zum kommisarischen und dann zum regulären Leiter des Zolls von Astrachan, Wolgograd und Kalmückien im Rang eines Generalmajors aufstieg.
Doch fünf Jahre später stand er wegen Bestechlichkeit vor Gericht und wurde zu sieben Jahre Haft verurteilt.
Er wäre reingelegt worden, meint seine Frau und ein ehemaliger Mitarbeiter schrieb: "In solchen Strukturen gibt es oft zwei ungleiche Kategorien. Diejenigen, die inhaftiert wurden, und diejenigen, die nicht verurteilt werden. "
Auch Ildar zog die Option "Sie kommen aus dem Gefängnis frei" in einer Sturm-V Einheit, setzte damit alles auf eine Karte und verlor. Am 14 September erhielten seine Angehörigen die Nachricht seines Todes, er wurde in Tatarstan begraben.
Der uns als zuverlässig bekannte Telegramkanal "Wütendes Tschwaschien" berichtete im September aus der russischen Teilrepublik:
Obdachlose werden gezwungen, in den Krieg zu ziehen
Leser erzählen uns, dass in den Regionen Tschuwaschiens die Razzien gegen Obdachlose und Menschen in schwierigen finanziellen und sozialen Situationen zugenommen haben. Einer von ihnen war Viktor Wladimirowitsch Dutow aus dem Bezirk Wurnarski. Einheimische sagen, er habe keinen festen Wohnsitz und Probleme mit Alkohol gehabt.
Im Bezirk Zilairsky in Baschkortostan leben etwa 15.000 Menschen. Der Leiter des Bezirks, Boris Melkoedow, muss häufig sich mit den Folgen des russischen Angriffskrieges beschäftigen. Verletzten überreicht er Orden, für gefallene Soldaten hält er ausgefeilte Grabreden. Am 17. September 24 sprach er den Nachruf für Chaerzaman Atangulow, der an der Front getötet wurde. Daraus wollen wir zitieren:
Wir wissen nicht, wie viel Zeit wir haben. Alles liegt in unserer Hand, und es hängt von uns ab, wie wir leben werden. Chaerzaman Halilowitsch ist ein Mann, der sein Heimatland und uns verteidigt hat. Dank solcher Menschen leben wir unter einem friedlichen Himmel.
Natürlich ist jeder Krieg ein Weg zum Frieden. Und solche Menschen, ihre Taten sind notwendig, damit wir uns frei fühlen und den Frieden und die Ruhe spüren, die wir haben. Es ist schwierig, unsere Leute so zu treffen. Wir hoffen immer, dass sie lebendig und gesund zurückkommen. Das ist natürlich ein großer Kummer. Wenn wir nicht stark sind, wird es kein Land mehr geben. Er wird als ein kluger Mann in unserer Erinnerung bleiben. Lasst uns zusammenhalten und uns in schwierigen Zeiten gegenseitig unterstützen.
Eine Vielzahl von ethnischen Kasachen wurde bereits im Krieg gegen die Ukraine getötet, wir haben darüber berichtet. Diese Männer lebten meist in Russland, mit und ohne russische Staatsbürgerschaft. Durch einen Vertrag mit dem Militär zum Kriegsdienst konnte man viel verdienen und falls notwendig, auch die russische Staatsbürgerschaft erhalten. Kasachische Bürger, die am Krieg teilnehmen, werden in Kasachstan strafrechtlich verfolgt.
Der kasachische Journalist Lukpan Achmedjarow berichtete am 16. September von einem in der Stadt Oral in Kasachstan lebenden Mann, Aibek Ramasanow, geboren 17.07.1983, der bei einer Firma in Westkasachstan gearbeitet hatte. Im Jahr 2023 meldete sich Aibek freiwillig beim russischen Militär zum Kriegsdienst in der Ukraine und wurde dort getötet. Sein genaues Todesdatum wird genannt, aber Aibek bekam am 2. August noch die russische Staatsbürgerschaft.
Auf Instagram warnt der Journalist Achmedjarow zudem seine Leser: "Wichtiger Hinweis: Schützen Sie Ihre Psyche und Ihre nahen Verwandten vor übermäßigem Genuss russischen Fernsehens. Russische Propaganda tötet."
Nachdem bisher im Jahr 2024 die Region Burjatien in Bezug auf die Kriegsopfer nicht so auffällig war wie zuvor, dürften im Monat September wieder deutlich mehr Kriegsopfer dazu kommen. In einer Liste mit etwa 20 neuen, im Krieg gefallenen Burjaten finden wir auch Waleri Wladimirowitsch Rintschinow, geboren am 28. Mai 1980 und getötet am 4. September 24.
"Im Gedenken an alle, die Valery kannten, oder wie ihn alle nannten – Bazyr, blieb er freundlich, großzügig und immer bereit, den Bedürftigen zu helfen," heißt es in seinem Nachruf.
Wie so eine Hilfe aussehen kann, zeigte Valery im Jahr 2019. Bei einem verbalen Streit mit einem betrunkenen Dorfbewohner stach Valery jenem mit einem Messer in den Bauch. Glücklicherweise überlebte der Mann den Stich und Valery bekam zusammen mit einem älteren Delikt vier Jahre Haft aufgebrummt.
Das erklärt nicht ganz, warum Valery in einem Sturm-V Todeskommando gelandet ist, denn Ende 2023 wäre seine Haft beendet gewesen. Es ist wahrscheinlich, dass seither weitere Delikte zur Anklage standen.
Waleri Narsow dürfte der Bürgermeister der ländlichen Siedlung Tegeschewskoje in der Region Urmarskij in der Republik Tschuwaschien sein. Am 17. September informiert er seine Mitbürger:
Wir informieren Sie, dass die Beerdigung des verstorbenen Kriegers Eduard Fedorowitsch Kandakow aus dem Dorf Tegeschewo, der bei Militäreinsätzen ums Leben kam, am Mittwoch, 18. September 2024, stattfinden wird.
Die Leiche des verstorbenen Teilnehmers der Sondermilitäroperation, Eduard Fedorovich Kandakov, wird am 17. September 2024 um 13:00 Uhr mit dem Zug in die Stadt Kasan (Tatarstan) gebracht und dann mit einem Sonderwagen in das Dorf Tegeschewo gebracht...
Die Bewohner des Dorfes Tegeschewo (erwachsene und gesunde Männer) werden gebeten, sich am Morgen des 18. September auf dem Friedhof des Dorfes Tegeschewo zu versammeln und beim Ausheben eines Grabes zu helfen.
Im April 24 haben wir eine Zusammenstellung von russischen Anwälten veröffentlicht, die in den Krieg gegen die Ukraine gezogen sind - mit tödlichem Ausgang. Wir können einen neuen Namen hinzufügen.
Artem Wladislawowitsch Medwedew, geboren am 16. Dezember 1975 in der Stadt Uchta (Komi), war Mitglied der Anwaltskammer der Region Orenburg. Von 1992 bis 1997 studierte er Jura, arbeitete danach als Ermittler bei der Polizei und ab dem Jahr 2000 betätigte er sich als Anwalt.
Und weil Anwälte gerne auf das Geld schauen, reiste er nach Moskau, um dort am 28. Mai 24 einen Vertrag als Freiwilliger des russischen Militärs abzuschließen. Denn in Moskau sind die Antrittsprämien für eine Vertragsunterzeichnung mit die höchsten. Der Vertrag endete vorzeitig am 19. August in der Region Luhansk. Am 16. September 24 wurde er in Orenburg bestattet.
Wir wollen auf eine Fotoserie aus einem recht abgelegenen baschkirischen Dorf hinweisen, die die Beisetzung des 54-jährigen Eduard Schakmaew zeigt, der im Krieg gegen die Ukraine getötet wurde. Über den Mann wissen wir so gut wie nichts, aber die Fotos dokumentieren sehr gut die Lebensumstände dieser einfachen Menschen aus den Weiten Russlands.
Es wäre sehr kalt über das Jahr, wird über das Dorf Leboter (ca. 600 Einwohner) in der Region Tomsk berichtet - ein Klima wie in den Regionen des hohen Nordens. Aber immerhin wäre das Dorf vergast, was bedeutet, es ist an das Gasnetz angeschlossen. Darauf warten viele Dörfer in ganz Russland schon lange.
Jewgeni Michailowitsch Kriwenko kam aus Leboter, der nicht zu seinem eigenen Vorteil in den Krieg gezogen wäre. "Er lebte nicht sehr reich, sein Haus zerfiel. Er wollte seiner Mutter im Alter helfen. Vor einem Monat hat er ihr ein Haus gekauft, aber leider ist er bei einem weiteren Kampfeinsatz gestorben," heißt es im Nachruf. Jewgeni wurde Ende August getötet.
Wirklich edel war das wahrlich nicht. Er zog in den Krieg, um in einem fremden Land anderen Menschen deren Häuser zu zerbomben und sie zu töten - nur um seiner Mutter zu helfen?
Die Republik Tuwa ist die russische Region mit grassierender Armut und der mit Abstand höchsten Anzahl an Kriegstoten, gemessen an der Bevölkerung. Und auch im September wird dieser Abstand noch größer werden. Denis Daiyntschjewitsch Duptschaa wurde am 11. Juli 2024 beim ukrainischen Dorf Torez getötet. Am 15. September wurde sein Tod gemeldet:
Liebe Leute!
Unser geliebter Mann, der einzige Sohn seiner Eltern, der Bruder seiner Schwestern, der Bruder seines Bruders, der Bruder seiner Frau, der geliebte Vater seines Sohnes und seiner Tochter, die Hoffnung seiner Verwandten, der vertrauenswürdige Freund seiner Familie , der stolze Sohn seines Landes Denis Daiyntschjewitsch Duptschaa (Spitzname Tschadan), geboren am 04.06.1985.
Am 11. Juli 2024, während des Kampfes um das Vaterland, das Heimatland, die Zukunft des Volkes, die Freiheit des Dorfs Torezk, ist er heldenhaft verstorben, das müssen wir leider mitteilen.
"Man müsste die gesamte Ukraine einfach dem Erdboden gleichmachen", schreibt ein wütender Aleksej in einem Kommentar zu einer Nachricht der Stadt Dobrjansk. Die Stadt aus der Region Perm hat den Tod eines jungen Einwohners im Krieg gegen die Ukraine gemeldet. Die restlichen knapp 30 Kommentare waren mitfühlender im Ton, aber niemand sprach das Offensichtliche an.
Denn Sergej Wladimirowitsch Baranzew, geboren am 11. März 2004 in dieser Stadt, schloss im Jahr 2020 dort auch die Schule ab und hätte danach in verschiedenen Organisationen der Stadt gearbeitet. Was so viel heißt, er hatte keine Berufsausbildung und höchstens gejobbt.
Aber am 15. Juli 2024 verdingte Sergej sich beim russischen Militär für den Kriegsdienst, von einem vorher abgeleisteten Wehrdienst wird nichts berichtet. Und bereits am 13. August 24 wurde Sergej Baranzew bei einem Kampfeinsatz im Dorf Schelanne in der Ukraine getötet.
Ein junger Mann, wohnhaft weit über 1.000 km Luftlinie vom Donbass entfernt, ohne militärische Ausbildung, landet schon nach vier Wochen im Kampfgebiet und wird getötet - aber niemand findet das befremdlich.
"Beileid an Freunde und Familie", kondoliert Swetlana. "Sergej war ein geselliger und freundlicher junger Mann."
Ab dem Alter von 12 Jahren soll Alijon Utkirowitsch Beljakow, geboren am 21. September 2001, Mitglied der Kosakengesellschaft im kleinen Dorf Preobraschenski in der Region Krasnojarsk gewesen sein. Er hätte dort aktiv an Militär- und Dorfveranstaltungen teilgenommen, schreiben die Kosaken.
Solche Kosakenverbindungen sind eine Mischung aus Bewahrer der russischen Kultur und Werte, Pfadfinder und Militärformationen, die auch zu öffentlichen Aufgaben herangezogen werden.
Kein Wunder also, dass Alijon meinte, auch seinen Teil zum russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine beitragen zu müssen. Oder es ging ihm um das viele Geld oder beides.
Es ist nicht genau feststellbar, wann Aljon einen Vertrag mit dem russischen Militär abschloss. Aber am 20. August wurde eine öffentliche Suchanfrage nach ihm gestartet. Dort schreibt seine Schwester Regina:
"(Alijon) begab sich am 7. August 2024 zum Militärstützpunkt und wird seit dem 9. August 2024 vermisst."
Am 11. September 24 wurde Alijon in seiner Heimat beigesetzt.
In einem Interview mit dem Künstler Anatoli Felixowitsch Osmolowski, der inzwischen Russland ebenfalls verlassen hat, haben wir eine Aussage gefunden, die sehr gut zu unseren Eindrücken und Erfahrungen aus all den vielen von uns dokumentierten Todesmeldungen passt:
Dieses (russische) Regime steht ideologisch dem Faschismus nahe, und dort steht der Tod immer im Mittelpunkt der Ideologie. Sie steht im Mittelpunkt. Und das Ziel des Regimes ist der Wunsch nach dem Tod. „Russland oder Tod“, wie Limonow (siehe auch). Sie hassen das Leben in all seinen Formen. Der Tod ist für sie die höchste Poesie. Und gerade weil sie nicht das Leben, sondern den Tod im Zentrum des ideologischen Kosmos haben, denke ich, dass das alles nicht lange anhalten wird. Die Vergöttlichung des Todes ist ein Zeichen.
Eine schnelle Reise in den "Fernen Osten" Russlands bringt uns diesmal nach Magadan. Die Stadt mit knapp 100.000 Bewohnern hat einen ganzjährig eisfreien Hafen und hat deshalb auch eine militärische Bedeutung für Russland. Entstanden ist die Stadt vor etwa 90 Jahren aus einem Fischerdorf, erbaut durch Zwangsarbeiter und Verbannte.
Aus Magadan kam Iwan Walerjewitsch Komarnizki, geboren am 17.05.2000, der in einer dysfunktionalen Familie aufwuchs, aber selbst ein geordnetes Leben führte.
Im Januar 2019 besuchte Iwan zusammen mit einem Freund seine Mutter in ihrer Wohnung. Er wollte sie wegen ihres hohen Alkoholkonsums und der Verwahrlosung ihrer Wohnung zur Rede stellen. Um diese Angelegenheit etwas sachlicher angehen zu können, hatten sich beide zuvor auch ein paar Schlückchen genehmigt.
In der Wohnung angekommen, trafen sie wie erwartet seine Mutter beim Saufen mit einem Bekannten an. Jener Bekannte bekannte sich in der der darauf folgenden hitzigen Debatte als nichtschuldig an der Trunksucht der Mutter und meinte, die Frau würde auch ohne ihn saufen. Das führte zu einer weiteren Eskalation - die beiden jungen Männer verprügelten jenen Bekannten mit Schlägen auf Kopf und Körper.
Als der Mann dann blutüberströmt die Wohnung verlassen wollte, stürzte er auch noch die Treppe hinunter. Auf Grund schwerer Kopfverletzungen verstarb jener Bekannte in der Klinik. Iwan wurde vom Gericht im Sommer 2019 zu sechs Jahren, sein Freund zu fünf Jahren Haft verurteilt.
Soweit ist jene Geschichte durch die Gerichtsakten belegt, aber wir wissen nicht, wann und warum Iwan einen Vertrag mit dem russischen Militär unterzeichnete und als Sturm-V Soldat in den Krieg zog. Denn spätestens im Frühjahr 2025 wäre er entlassen worden. So wurde er am 20. August 24 irgendwo im Kriegsgebiet getötet.
Ein russischer Soldat wurde wahrscheinlich durch eine von einer Drohne abgeworfenen Granate verletzt. Zahlreiche kleine und große Granatsplitter haben seine Haut perforiert und er liegt im Dreck eines Feldes in der Region Charkiw mit inneren und äußeren Verletzungen. Das ist nichts Neues und passiert täglich irgendwo im Kriegsgebiet. Doch moderne Technik ermöglicht es, das reale Sterben dieses Soldaten in Farbe in guter Qualität zu filmen und über das Internet zu verbreiten.
Wer die entsprechenden Kanäle kennt, kann solche Videos aus ukrainischen oder russischen Quellen anschauen. Sie sorgen für keine neuen Erkenntnisse des Kriegsgeschehens, sondern zeigen nur die tödliche Grausamkeit jenes Krieges. Da gibt es keinen heldenhaften Tod, wie dieser in Russland den eigenen Kriegstoten meist angedichtet wird, sondern nur Dreck, grausamer Schmerz, menschliches Leid und ein sinnloser Tod.
Hin und wieder zeigen wir solch ein aktuelles Beispiel, warnen aber vor schwer erträglichen Bilder, die nicht für junge Menschen geeignet sind.
Der junge Mann auf dem Foto hieß Roman Kudrjaschow, geboren am 15. März 2001 und kam aus der Großstadt Murmansk, die im europäischen Teil Russlands nördlich des Polarkreises liegt. Auch Roman ist im Krieg gegen die Ukraine getötet worden, irgendwann im August 2024, sein Tod wurde nur in einem nicht öffentlichen Kanal gemeldet.
Roman war im Jahr 2021 beim russischen Militär und lebte in einer Dienstwohnung seit kurzem mit seiner Freundin zusammen. Er hatte finanzielle Probleme und arbeitete deshalb in seiner freien Zeit für einen Kurierdienst. Jener Kurierdienst stellte sich als Botendienst für die Verteilung von Drogen heraus - die Anweisungen kamen anonym aus dem Internet. Romans Aufgabe war es, zu einem Versteck zu fahren, die Koordinaten bekam er aus jener anonymen Quelle und die dort deponierten Drogen zuzustellen.
Roman wurde von der Polizei erwischt und kam im Jahr 2022 vor ein Militärgericht. Er war geständig und bekam deshalb nur sechs Jahre Haft - ansonsten hätte jene Strafe weit höher ausfallen können. Der Rest der Geschichte kennen unsere Leser aus zahlreichen anderen Berichten. Roman wollte seine Haft verkürzen, schloss einen Sturm-V-Vertrag mit dem russischen Militär und verkürzte damit nur sein Leben.
Dajana Nikolajewna Nuglajewa arbeitete als Krankenwagenfahrerin in Elista, der Hauptstadt der russischen Teilrepublik Kalmückien. Sie hätte im Jahr 2023 ihren Abschluss in Allgemeinmedizin gemacht, schreibt die Medizinische Hochschule Kalmückien und erklärt nicht, warum Diana dann einen Krankenwagen fuhr. Sie wäre zu jener "speziellen Militäroperation" eingezogen worden, heißt es weiter, was auch nicht stimmen kann, denn seit 2022 wurde niemand mehr zwangsrekrutiert. Und schließlich hätte sie als Sanitäterin in einem Krankenhaus im Kriegsgebiet gearbeitet, was wahrscheinlich auch nicht richtig ist. Denn ein anderes Foto zeigt Diana nicht als Sanitäterin, sondern in russischer Armeeuniform. Auf jeden Fall gehört auch Diana zu den bisher wenigen Frauen, die als Soldatinnen im Krieg gefallen sind.
"Diana war ein tolles Mädchen, eine freundliche, sympathische, fröhliche Person. Sie liebte ihren Sohn so sehr. Sie wird für immer in unseren Herzen bleiben, ihre Erinnerung wird ewig leben", schreibt ihre Hochschule.
Das Dorf Bolschaja Dschalga in der Region Stawropol bewohnten um das Jahr 1900 vornehmlich "Kleinrussen", wie die Ukrainer oft abwertend tituliert werden. Heute hat das Dorf etwa 3.000 Einwohner in einer durch Landwirtschaft geprägten Gegend. Aus diesem Dorf kam Andrej Anatoljewitsch Sutyrin, geboren am 28.01.2004.
Er hatte Elektriker gelernt, wurde im Jahr 2022 zum Militär eingezogen und unbeschadet Ende Juni 23 entlassen. Doch statt zu arbeiten, hatte der junge Mann andere Pläne. Im September reiste er in die tschetschenische Hauptstadt Grosny und schloss sich der Privatarmee des dortigen Chefs Ramsan Kadyrow an - dem Achmat-Regiment. In einem Dorf bei Bachmut wurde er am 23.12.23 getötet.
Strahinja Bjelica, 30 Jahre alt aus Belgrad, starb an der Front in der Ukraine. Er hatte sich als Freiwilliger beim russischen Militär verdingt. Freunde aus Serbien meldeten, dass er am 9. August 24 getötet wurde. Bjelica stand laut seinen Freunden lange Zeit an der Front.
„Strahinja war stolz darauf, dass er freiwillig in den Krieg zog. Er betrachtete es als seine Aufgabe, für den Glauben, das Kreuz und die Orthodoxie zu dienen. Er wollte nützlich sein, hilfreich sein...“, sagt einer der Freunde des Serben.
Eine aktuelle Begebenheit aus Sterlitamak schnell erzählt. Sterlitamak ist die zweitgrößte Stadt Baschkiriens mit knapp 280.000 Einwohnern und liegt im Süden der russischen Teilrepublik.
Anfang 2022 verließ dort Witali Fjodorowitsch Ormanji seine Wohnung und war zunächst nicht mehr gesehen. Bis er Ende 2023 sich in die Wohnung seiner Ex-Frau schlich, ihren 16-jährigen Sohn fesselte und die Frau nach deren Ankunft zuhause brutal ermordete.
Witali wurde verhaftet und kam in die Psychiatrie. Zu einem Prozess kam es nicht, Witali durfte sich in der Ukraine an der Front bewähren. Erfahrung mit der Tötung von Menschen hatte er ja. Anfang September 24 reagierte dann die Öffentlichkeit in Sterlitamak erleichtert, Witali würde nicht frei und unbescholten zurück kommen. Er war selbst an der Front getötet worden.
Aus nachvollziehbaren Gründen will unser Team in der Öffentlichkeit nicht allzu präsent sein. Die Stuttgarter Wochenzeitung Kontext hat zuletzt einen lesenswerten Bericht über unser Projekt veröffentlicht und das zusammengefasst, was uns hier umtreibt - den Opfern dieses Krieges ein Gesicht zu geben. Denn all die vielen russischen Verletzten und Toten sind meist Täter und Opfer zugleich. Und da es sich nicht vermeiden ließ, gibt es auch ein paar Sätze zu einem unserer Macher.
Mitten in unseren Arbeiten zum Abschluss des Monats September hat Corona heftig zugeschlagen. Die gesamte Epedemie blieb dieser Mitarbeiter von jenen Viren verschont - aber wahrscheinlich gilt auch hier das Motto: Irgendwann erwischen wir auch dich.
Es wird in den kommenden Tagen deshalb etwas ruhiger auf unserer Webseite zugehen.
Die Aktualisierung der Listen der Regionen schreitet trotzdem voran, wie man an den häufigen neuen regionalen Seiten erkennen kann.
Um die russische Sperre zu umgehen, haben wir eine zusätzliche Domain mit dem neuen Namen gibtsnet.eu eingerichtet. Dieser Zugriff kann auch ganz allgemein von jedermann benutzt werden, denn er verspricht unter Umständen schnellere Ladezeiten unserer Seiten - besonders bei Zugriffen aus dem Ausland. Zudem bleiben die Besucher anonym.
Im Moment führen wir vier Sonderrubriken - Kriegsbilder, "ohne viele Worte", Friedhöfe Region Krasnodar und Gruppe Wagner - ohne Region. Das hat ganz unterschiedliche Gründe:
Der Krieg Russlands gegen die Ukraine geht unvermindert weiter und die Opferzahlen gehen nicht zurück. Bis heute haben wir die Daten bis zum 18.09.24 verarbeitet, einen zuverlässigen Abschluss zum September werden wir erst in etwa 12-14 Tagen vorlegen können.
Eine einfache, aber vorläufige Zahl der russischen Kriegstoten bis Ende September, die wir dann in unserer Datenbank haben, wird noch etwa drei Tage dauern findet ihr aktuell im Kopf der Seite.
Der Telegram-Kanal des großen russischen Ehrenfriedhofs in Mytischtschi wurde gelöscht. Alle von uns veröffentlichten Links, die mit der Adresse "https://t.me/fvm_pzo_memory/" beginnen, sind nicht mehr zu erreichen.
Einen Teil der Inhalte findet man im neuen Kanal "https://t.me/fvm_pzo_mo/", aber eben an neuer Stelle, so dass wir die Adressen nicht einfach automatisch umwandeln können. Zudem wurde die Benutzung des neuen Kanals stark eingeschränkt.
Das ist einer der Gründe, warum wir für alle von uns erfassten Kriegstoten auch Kopien der Seiten als Beleg speichern.
Это попытка обойти российский запрет на «OskarMaria». По крайней мере для наших текущих страниц это тоже должно работать из России.
Мы использовали для этого новый домен, который, надеемся, не заблокируют так быстро. Название представляет собой сокращенную форму немецкого выражения «нет».
Итак, теперь вы также можете связаться с нами по адресу
https://www.gibtsnet.eu
За скорейший и прочный мир.
Für unsere russischen Besucher
Es ist ein Versuch, die russische Sperre für OskarMaria zu umgehen. Er müsste zumindest für unsere aktuellen Seiten auch aus Russland funktionieren.
Wir haben eine neue Domain dafür benutzt, die man hoffentlich nicht so schnell blocken kann. Der Name ist eine verkürzte Form des deutschen Ausdrucks "gibt es nicht".
Also - ab sofort kann man uns auch unter https://www.gibtsnet.eu erreichen.
Auf einen baldigen dauerhaften Frieden.
Leider scheint die russische Sperrverfügung für unsere Seite zumindest in Russland zu wirken. Bei der Suche nach OskarMaria mit der russischen Suchmaschine Yandex sind wir von der zweiten Stelle weit nach hinten gerutscht.
Wir haben leider nur wenig Zeit für technische Spielereien. So haben wir eine zweite Domain mit anderer IP-Adresse auf unsere Seite geschaltet, doch ganz zielführend ist das noch nicht.
Und dann haben wir auch noch ein Problem mit Google. Eine Gaststätte in München hat sich vor einigen Jahren ebenfalls den Namen OskarMaria in der selben Schreibweise zugelegt und gleich noch als Marke eintragen lassen. Allerdings waren wir mit dem Namen Jahre früher aktiv - also eigentlich kein Problem. Nur kamen danach regelmäßig Tischreservierungen bei uns an. Damit war irgendwann mal Schluss, nämlich als Google uns in den Suchanfragen nach hinten katapultiert hatte. Und so leben wir mit der Tatsache, dass wir mit unseren hohen Benutzerzahlen bei den Suchmaschinen Bing, DuckDuckGo auf den vorderen Plätzen zu finden sind, bei Google aber ganz hinten.
Wir haben unseren Beitrag über das kleine Dorf Kanaewka noch einmal nach vorne geschoben, da er durch unsere Auguststatistiken schnell nach hinten durchgerutscht ist.
Wir haben über einen Zeitraum von etwa sechs Wochen aufgezeigt, wie der russische Angriffskrieg sich auch in kleinen Gemeinden in der Provinz manifestiert.
Falls nichts dazwischen kommt, können wir die Zusammenfassung des Monats August am späten Abend des kommenden Mittwochs Donnerstags (12.09.24) vorlegen.
Es ist ein ständiges Rennen gegen die Zeit - wenn wir uns eine Wochenendpause gönnen, dann ist es auf Grund der vielen Kriegsopfer nur schwer möglich, wieder aktuell zu werden.
09.09.24 -- OM
Nachdem die Aufmerksamkeit zu unseren Veröffentlichungen wächst, eine kurze Information zu OskarMaria.
Unter diesem Pseudonym war der Initiator im Internet seit über 25 Jahren recht unregelmäßig präsent. Ab dem Jahr 2014 hat er hier über die Situation in den von Russland besetzten Gebieten des Donbass geschrieben. Als einer der ersten Journalisten überhaupt informierte er über die damals neu gegründete Gruppe Wagner.
Beruflich war er seit den 80-iger Jahren Geschäftsführer von diversen Medienunternehmen im Printbereich. Jetzt im Ruhestand, Kinder erwachsen, bleibt etwas mehr Zeit, die gesammelten Erfahrungen zusammen mit wenigen Mitstreitern für dieses Projekt zu nutzen.
Nachtrag: OskarMaria– das ist eine kleine Verbeugung vor dem beinahe vergessenen Schriftsteller Oskar Maria Graf. In Zeiten der Bücherverbrennungen wurden seine Werke von den Nazis verschont, ja sogar teilweise empfohlen. „Verbrennt mich!“ schrieb er 1933 in der Wiener Arbeiterzeitung, „nach meinem ganzen Leben und nach meinem ganzen Schreiben habe ich das Recht, zu verlangen, dass meine Bücher der reinen Flamme des Scheiterhaufens überantwortet werden und nicht in die blutigen Hände und die verdorbenen Hirne der braunen Mordbanden gelangen!“ Schließlich floh er in die USA – dort lebte er in bescheidenen Verhältnissen. Deutschland wollte den unbequemen Mann nach dem Krieg nicht wieder haben. Er starb 1967 in New York.
Literaturempfehlung: Wir sind Gefangene - Autobiograhie 1927.
Doppelt
Wladimir: 25. Artem Kozhenkov // Nischni Nowgorod: 35 Artem Kozhenkov
Wolgograd: 01 Juri Agarkov // Pskow: 41 Juri Agarkow
Kutelev Stanislav, dreifach, Kostroma, Rjasan und Orenburg. Nur Orenburg
Nikolai Symov, Rjasan & Tschuwaschien - nur Tschuwaschien
Mamontov Mikhail - Krasnodar Teil 1 & Teil 2
Ivan Alekseevich Chulkov, Kostroma, Pos. 51/56
Elimov Alexey Michailowitsch , Kostroma & Tschuwaschien
Falsch einsortiert
Ruslan Khamitov, Tscheljabinsk, kein Söldner der Gruppe Wagner
"Wahrer Patriotismus ist nicht, wenn man stolz auf das Vaterland ist, sondern wenn das Vaterland stolz auf einen ist," ist das Motto des Dorfes Romanicha in der Region Perm auf deren VKontakte-Seite. Im Jahr 2010 lebten noch 71 Menschen in dem kleinen Dorf, wie viele heute wissen wir nicht - aber zumindest ein Einwohner weniger.
Denn der 19-jährige Juri Gennadijewitsch Kitschigin aus dem Dorf war in den Krieg gezogen, wurde am 27. Februar 2024 getötet und ist erst am 29. September im Zinksarg nach Hause gekommen.
Beim Nachruf ist die Bezirksverwaltung auch ganz verwirrt. Er hätte sein Heimatland verteidigt, schreibt die Verwaltung des Stadtbezirks Krasnowischerski und nennt als Ort seines Todes dann doch die Ukraine.
Da angeblich das Leben in der Region Samara so viel günstiger wäre als in den russischen Metropolen, gehörte die Prämienzahlung für Freiwillige zu den Niedrigsten in ganz Russland. Aber ganz offensichtlich ließen sich in Samara nicht mehr genügend Freiwillige finden, die für jene 1,2 Millionen Rubel (etwa 12.000 €) bereit waren, ihre Leben oder ihre Gesundheit zu gefährden.
So beschloss die Regierung am 11. Oktober 24, ab Mitte des Monats deutlich mehr zu bezahlen. Jetzt gibt es ganze zwei Millionen Rubel (ca. 20.000 €), wenn man in Samara einen Vertrag mit dem russischen Militär eingeht.
Eine ziemlich skurile Meldung wurde in zahlreichen lokalen VKontakte-Kanälen aus der Region Saratow abgesetzt. Lassen wir die Autorin zu Wort kommen:
Bogdan Sergejewitsch Jewsejew, geboren am 10.04.2003, starb den Heldentod bei einem militärischen Zusammenstoß im Gebiet Cherson, Siedlung Kosatschije Lageri.
Abgehärtet durch Sport, Goldmedaillengewinner im Sambo, wich Bogdan nie zurück, aber das feindliche Schrapnell unterbrach sein Leben am 02.09.2024...
Im Saratower Institut für Innere Truppen war Bogdan einer der besten Kadetten in seinem Kurs. Und als einer der Besten wurde er gleich im 3. Jahr in die Zone des Nordöstlichen Militärbezirks geschickt, um die Ehre und den Mut der ruhmreichen russischen Soldaten in der Praxis zu zeigen.
In der Region Belgorod wurde am 27. August 24 die erste Frau getötet, die aus der Haft für den russischen Krieg gegen die Ukraine rekrutiert worden war. Jelena Pimonenkowa war 37 Jahre alt und stammte aus der Stadt Pikaljowo in der Oblast Leningrad.
Jelena hatte ein bewegtes Leben hinter sich. Sie wurde im Alter von 23 Jahren zunächst wegen Messerangriffs auf einen Mann verurteilt, dann wegen Autodiebstahls, Raubüberfalls, Sachbeschädigung fremden Eigentums und Morddrohungen. Im Jahr 2024 saß Jelena wegen Diebstahls in einer Frauenkolonie in Uljanowka, ebenfalls in der Region Leningrad gelegen.
Auch dort wurde für den Kriegsdienst in der Ukraine geworben. 60 Frauen meldeten sich, zehn wurden ausgesucht darunter Jelena.
Ohne jegliche medizinische Ausbildung wurde sie so zur „Sanitäterin im Gefangennahmekommando eines Angriffszuges“. Drei Wochen lang wurde Jelena an Waffen geschult, danach ging es an die Front und sie musste Verwundete evakuieren und Leichenteile aufsammeln.
Wie genau Jelena getötet wurde ist unklar. Angeblich wäre sie von einem Auto angefahren worden. Am 25. September 24 wurde sie begraben.
Unsere kleine Geschichte spielt in der tatarsischen Großstadt Nabereschnyje Tschelny und handelt von Wladimir Golub, 44 Jahre. Der Mann arbeitete bei dem Lastwagenhersteller Kamaz als Schweißer.
In seiner Freizeit hatte er vielfältige Interessen, nahm Gesangsunterricht und nahm Tiktok- und Youtube-Videos auf. Mit seiner Ehefrau hatte er 11 Kinder, dazu hatte er seit dem Jahr 2000 noch eine geheim gehaltene Beziehung, aus der drei Kinder hervorgingen.
Und weil das noch nicht genug ist, konvertierte Wladimir zum Judentum, trug nur noch Kippa und nannte sich Abraham Israilewitsch Melech.
Als die Sache mit der zweiten Beziehung aufflog, zog Wladimir/Abraham zuhause aus, bei der zweiten Frau ein und ließ sich scheiden. Seine berufstätige Ex-Ehefrau bekam Probleme mit dem Jugendamt, weil eine alleinerziehende und arbeitende Mutter mit 11 Kindern sicher überfordert ist.
Seinen neuen Namen ließ er sich in den Pass eintragen und wahrscheinlich wollte Abraham auch im Krieg seine vielfältigen finanziellen Probleme lösen. Im Juli 2024 schloß er einer Vertrag zum Kriegsdienst, zwei Monate später war er tot. Am 2. Oktober wurde er in der tatarischen Stadt Jelabuga begraben.
Ildar Saidow hatte eine steile Kariere beim russischen Zoll hinter sich gebracht. Seit 1995 war er in leitender Funktion in verschiedenen Regionen Russlands tätig, bis er schließlich 2017 erst zum kommisarischen und dann zum regulären Leiter des Zolls von Astrachan, Wolgograd und Kalmückien im Rang eines Generalmajors aufstieg.
Doch fünf Jahre später stand er wegen Bestechlichkeit vor Gericht und wurde zu sieben Jahre Haft verurteilt.
Er wäre reingelegt worden, meint seine Frau und ein ehemaliger Mitarbeiter schrieb: "In solchen Strukturen gibt es oft zwei ungleiche Kategorien. Diejenigen, die inhaftiert wurden, und diejenigen, die nicht verurteilt werden. "
Auch Ildar zog die Option "Sie kommen aus dem Gefängnis frei" in einer Sturm-V Einheit, setzte damit alles auf eine Karte und verlor. Am 14 September erhielten seine Angehörigen die Nachricht seines Todes, er wurde in Tatarstan begraben.
Der uns als zuverlässig bekannte Telegramkanal "Wütendes Tschwaschien" berichtete im September aus der russischen Teilrepublik:
Obdachlose werden gezwungen, in den Krieg zu ziehen
Leser erzählen uns, dass in den Regionen Tschuwaschiens die Razzien gegen Obdachlose und Menschen in schwierigen finanziellen und sozialen Situationen zugenommen haben. Einer von ihnen war Viktor Wladimirowitsch Dutow aus dem Bezirk Wurnarski. Einheimische sagen, er habe keinen festen Wohnsitz und Probleme mit Alkohol gehabt.