Petropawlowsk Kamtschatski

Petropawlowsk-Kamtschatski, Hauptstadt von Kamtschatka -- Foto: kuhnmi  -- Lizenz: CC BY 2.0

Die Halbinsel Kamtschatka ganz im Osten Russlands ist etwa so groß, wie Spanien und Portugal zusammen. Über 160 Vulkane gibt es auf der Insel, wovon 29 noch aktiv sind. Bewohnt wird die Insel von etwa 300.000 Menschen mit stark abnehmender Tendenz, im Jahr 1990 lebten dort noch 480.000 Personen. Knapp 60 % der Bevölkerung lebt in der Hauptstadt  Petropawlowsk-Kamtschatski. Das Klima ist kalt bis gemäßigt (kalt) mit viel Niederschlag. Durchgehende Straßenverbindungen von Norden nach  Süden gibt es nicht.

Und obwohl der Krieg Russlands gegen die Ukraine geografisch ganz weit weg liegt, sterben Männer aus Kamtschatka in der Ukraine. Bis Ende 2024 hatten wir 348 Namen von getöteten Soldaten erfasst, durch das dritte Video sind jetzt viele Namen neu dazu gekommen.

OMWenn es um die russischen Verluste an Soldaten im Krieg gegen die Ukraine geht, wird in der Öffentlichkeit viel spekuliert. Die meisten Angaben der Regierungen oder der Geheimdienste basieren auf unbekannten Daten und lassen sich schwerlich überprüfen. Auch die meist von der Presse zitierten Angaben der BBC/Mediazone sind nicht überprüfbar, da die Datenbasis nicht offengelegt wird. Trotzdem denken wir, dass es sich bei den BBC-Daten um eine seriöse Quelle handelt. Die Zahlen entsprechen in der Summe unseren Erkenntnissen, weichen allerdings im Detail - also in den Regionen - häufig stark ab.

Wenn es um die Hochrechnung der tatsächlichen Kriegstoten geht, nimmt die BBC eine höhere Rate an nicht gefundenen Kriegstoten an als wir. Auf Basis vom Besuch von Friedhöfen verdoppelt die BBC ihre gefundenen Zahlen. Wir dagegen gehen davon aus, dass wir nur 60% aller Kriegstoten gefunden haben. Wer am Ende richtig spekuliert hat, wird sich vielleicht erst in vielen Jahren zeigen. Aber eine kleine Beispielrechnung wollen wir mit den Zahlen des Monats Juli vorlegen.

Tatsächlich gibt es zwei feststehende Zahlen - unsere gefunden Kriegstoten im Monat Juli 2024 mit 4.394 Fällen. Und die Angabe des russischen Kriegsministeriums, dass jeden Monat 30.000 neue Freiwillige geworben werden müssen, um die getöteten, verletzten und ausgebrannten Soldaten zu ersetzen. Wie passen diese beiden Zahlen zusammen?

RekrutDer russische Präsident Putin hat Ende Juli 2024 ein Dekret unterzeichnet, das die Bundeszahlungen zum Vertragsdienst in der Armee weiter erhöht. Bisher zahlte der Bund für jeden Vertragsabschluss 195.000 Rubel (ca. 1.950€), dieser Betrag wird für alle neuen Verträge zwischen dem 1. August und 31.12.2024 auf 400.000 Rubel (4.000€) erhöht.

Den Regionen wird empfohlen zusätzlich mindestens 400.000 Rubel zu bezahlen. Wie viel die Regionen zur Zeit bezahlen haben wir in einer Tabelle am Ende dieses Beitrags zusammengestellt. Die Beträge können sich aber jederzeit ändern - im Prinzip erhöhen.

Nach Angaben des russischen Kriegsministeriums haben im Zeitraum zwischen 1. Januar 24 bis Ende Juli 190.000 Menschen Verträge zur Teilnahme am Krieg gegen die Ukraine unterzeichnet . Im Durchschnitt werden nach Angaben des Ministeriums etwa 1.000 Menschen pro Tag rekrutiert. Es gab zuletzt im Dezember 2023 die Gesamtzahl der unter Vertrag stehenden russischen Militärangehörigen bekannt – 640.000 Soldaten.

Hispaniola Über das Bataillon "Hispaniola" hatten wir schon mehrfach berichtet. Seine Ursprünge gehen bis 2014 zurück, als der Gründer Stanislaw Orlow, Mitglied der Fangruppe „Rot-Blaue Krieger", sich den "Separatisten" des Donbass anschloss und unter der Führung von Igor Besler kämpfte. Hispaniola wird heute über die russische PMC Redut organisiert und wahrscheinlich durch die Brüder Arkady und Boris Rotenberg finanziert. Seit Frühjahr 2023 positioniert sich Hispanola als unabhängiges privates Militärunternehmen.

Ein großer Teil der Söldner sind Fußball-Ultras der großen russischen Vereine. Sie vertreten offen neonazistische Ansichten, sind mit Hakenkreuzen und ähnlichen Symbolen tätowiert. Einer der Kämpfer, Michail „Pitbull“ Turkanow, wurde wegen öffentlicher Zurschaustellung von Nazi-Symbolen verurteilt.

Wie die PMC Redut bietet Hispaniola einen Sechsmonatsvertrag mit zwei Monaten für Training und Koordination auf einem Trainingsgelände in der Region Tambow an.

Zum Tod eines ihrer Kämpfer, Roman Bogdan, hat Hispaniola am 16. Juli 24 ein längeres Pamphlet veröffentlicht, das Einblick in die Denke dieser Hooligans gibt. Wir veröffentlichen den Text im übersetzten Original:

Wagner Irkutsk

Freiwillige der kritischen Initiative "Bürger des Baikal" haben im Juli erneut den Alexanderfriedof bei Irkutsk besucht. Im September 2023 gab es dort 140 Bestattungen, bis Juli 2024 entstanden 138 neue Gräber. Die Namen von 62 gefallenen Soldaten waren der Initiative bisher unbekannt.

Fast jeder Dritte von denen, die neu aufgenommen wurde, war vorbestraft. Neun wurden wegen Mordes inhaftiert, drei davon wegen Mordes an ihren eigenen Eltern. In einem weiteren Fall geht es um versuchten Mord, bei den übrigen um Raub, Diebstahl, Verkauf und Besitz von Drogen.

Der Friedhof befindet sich dem Bericht nach in einem verwahrlosten Zustand. Zwischen den Gräbern gefallener Soldaten liegen Plastikflaschen, -becher und Getränkedosen verstreut. Entlang der Straße zwischen den Gräbern häuften sich Müllberge – Plastiktüten gefüllt mit Kiefernnadeln des letzten Jahres, verblasste Kunstblumen, Kränze. Die Mülltonnen quellen über und um sie herum hat sich spontan eine Mülldeponie mit Kränzen gebildet, die offenbar seit letztem Jahr nicht mehr aufgeräumt wurde. Noch immer schaufeln Arbeiter jeden Tag neue Gräber.

Nachstehend die von den "Bürgern des Baikals" veröffentlichte Liste, wir haben mit Stern (*) die 45 Namen gekennzeichnet, die uns bisher unbekannt waren:

Praemie Moskau 1Wir hatten in mehreren Beiträgen über die Bezahlung der russischen Freiwilligen informiert, sie unterscheiden sich nach Regionen (St. Petersburg, Tatarstan, Angebot & Nachfrage). Jede Region ist angehalten, jeden Monat ein bestimmtes Kontingent an Freiwilligen zu rekrutieren. Die Bezahlung ist durchweg gleich hoch, entscheidend ist die gezahlte Antrittsprämie. Die ist dort niedrig, wo leicht neue Todesmutige zu finden sind - zum Beispiel in Baschkirien. Die Prämie ist dort hoch, wo die Region Mühe hat, ihr Kontingent zu erfüllen. In den letzten Wochen überboten sich die Regionen mit immer höheren Zahlungen, jetzt hat Moskau noch einen Betrag oben drauf gesetzt.

Die Stadt Moskau bietet ab sofort allen geeigneten Männer, die sich zu einem Vertrag entschließen eine Antrittsprämie von 1,9 Millionen Rubel - umgerechnet etwa 19.000 €. Wer es schafft, das erste Jahr an der Front zu überleben kann sich auf Einnahmen von insgesamt 5,2 Millionen Rubel (52.000 €) freuen. Besser bezahlte legale Jobs wird man in ganz Russland kaum finden. Die Auslobung solch einer hohen Prämie zeigt, dass es der Stadt Moskau schwer fällt, ihr Kontingent an Freiwilligen zu erfüllen. Der Stadt ist es auch völlig egal, aus welcher Region Russlands der Freiwillige kommt - Hauptsache er unterschreibt in Moskau.

Der Texts des abgebildeten Dekrets lautet grob übersetzt:

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