Elista Lenin Square

Hauptstadt Elista - Lenin-Platz -- Foto: Alexxx1979 -- Lizenz: CC BY-SA 4.0

Kalmückien ist eine der vielen Besonderheiten rund um den Kaukasus. Die Kalmücken sind eine mongolische Ethnie, die es im frühen 17. Jahrhundert bis an die untere Wolga geschafft hat. Stalin hat das Volk 1943 zurück in den Osten deportiert, in den 50-iger Jahren wurde das Gebiet wieder eine autonome Republik. Die Kalmücken stellen knapp 60 Prozent der Bevölkerung und sind das einzige mehrheitlich buddhistische Volk in Europa.

Das Land ist dünn besiedelt, große Teile der Natur sind Steppe mit der Tendenz zur Wüstenbildung. Landwirtschaft ist der bedeutendste Wirtschaftsfaktor, dazu gibt es etwas Industrie in der Hauptstadt Elista und Öl- und Erdgasvorkommen am Kaspischen Meer. Im Gegensatz zu den anderen buddhistischen Völker Russlands (Tuwiner, Burjaten) sind die Todeszahlen im Krieg gegen die Ukraine nicht ganz so hoch (siehe auch).

Bei Odnoklassniki (Klassenkameraden) wurde eine Liste aller Kalmücken veröffentlicht, die im Krieg gegen die Ukraine getötet wurden. Aufgenommen in die Auflistung wurden nur die ethnischen Kalmücken. Wir konnten auf Grund dieser Liste 43 Namen in unserer Statistik nachtragen.

Der Autor hat dazu ein langes Vorwort geschrieben, das es wert ist zu lesen. Wir geben es im übersetzten Originaltext wieder. Die dazu gehörige Liste aller gefallenen Kalmücken haben wir grob übersetzt.

Kantschalan

Dorf Kantschalan -- Foto: AlGaman  -- Lizenz: CC BY-SA 3.0

Jetzt ist bereits tiefer Winter im Autonomen Kreis der Tschuktschen, aber nach unserem Wärmeempfinden ist es dort beinahe das ganze Jahr über Winter. Von den Namensgebern dieser russischen Region, den Tschuktschen, gibt es noch etwa 15.000 Angehörige. Sie leben überwiegend von der Rentierzucht, von der Jagd und vom Fischfang.

Es ist ein großes Drama für die indigene Bevölkerung, wenn die jungen Männer den Verlockungen des vielen Geldes verfallen, in den Krieg gegen die Ukraine ziehen und im Zinksarg wieder nach Hause kommen.  Für Tschukotka haben wir bisher mehr als 90 Kriegstote gelistet, gemessen an der Bevölkerung steht die Region an vierthöchster Stelle in Russland. Und aktuell müssen wir den Tod von zwei weiteren Tschuktschen melden.

Es sind Hermann Pykol  aus dem Dorf Kantschalan und Andrej Bochan aus dem Dorf Wankarem, über das wir bereits im April geschrieben haben.

Es ist Ende April 2024 irgendwo in der Nähe der Front in der Region Saporischschja. Ein Kosakinnenduo unterhält die russischen Soldaten an verschiedenen Orten mit einer Mischung aus Religiosität, Gesang und Kampfkunst. Zumindest was die beiden Frauen mit den Schwertern so anstellen ist bemerkenswert.

"Unsterbliche Kosaken des Kaukasus! Christus ist mit uns, der Sieg ist unser! Unsere russischen Kosakinnen, furchtlos und einzigartig, sind immer an der Front mit unserem russischen Soldaten! " lautet der Kommentar zum obigen Film.

Im Film gibt es eine kurze Tanzeinlage (1:58) eines jungen Soldaten, Ilja Krasnikow (Foto) aus der Großstadt Jessentuki in der Region Stawropol. Er war Akkordeonspieler und Tänzer in einem Kosakenensemble und war in den Krieg gegen die Ukraine gezogen. Einen Monat nach der Videoaufnahme war auch er tot.

Drei AltaiDie Republik Altai ist eine kleine russische Teilrepublik im Süden Sibiriens, die man nicht mit der "Region Altai" verwechseln darf. In der abgelegenen, aber landschaftlich schönen Republik  leben gerade mal 210.000 Menschen. Die abnehmende Mehrheit der Bevölkerung sind Russen, die Altaier, ein Turkvolk, stellen nach der letzten Volkszählung 37% der Bevölkerung.

Und weil die Region arm ist, haben sich viele Männer aus der Republik Altai durch die hohen Verdienstmöglichkeiten zum Kriegsdienst in der Ukraine anwerben lassen. Gemessen an der Bevölkerung stellen die Altaier die dritthöchste Rate in Russland mit 160 Kriegstoten auf 100.000 Bewohner.

Wir wollen die übersetzten Lebensläufe von drei Kriegstoten aus dem Altai der letzten Wochen vorstellen, die der Telegramkanal "Gorny Altai" veröffentlicht hat:

Am 2. Mai 2024 fahren drei Omnibusse von der Region Wolgograd an die Front in der Ukraine. Insgesamt sitzen 108 Männer in den Bussen, alles Häftlinge aus den Strafanstalten der Region Wolgograd. Alle haben im April einen Vertrag auf unbestimmte Dauer mit dem russischen Militär unterschrieben und würden nach Ende des Krieges ihre Freiheit erhalten.

Unser Film zeigt einen der Transporter mit den zukünftigen Frontkämpfern. Von diesen 108 Männern hätten nur sechs die kommenden Wochen überlebt, darunter auch der Mann, der jenes Video gedreht hat. Die anderen 102 würden als vermisst gelten.

Die russische Agentur Astra hat weitere Details recherchiert. Wir geben iihren Bericht übersetzt wieder:

Rostow 1 Rostow 2 Rostow 3
Rostow 4 Rostow 5 Rostow 6

In Rostow am Don werden viele im Krieg gegen die Ukraine gefallenen russische Soldaten gesammelt und gerichtsmedizinisch identifiziert. Erst danach werden die Särge auf die Reise in die Heimatregion geschickt.  Aber es gibt auch Kriegstote, die niemand einfordert und diese Soldaten werden dann in Rostow bestattet.

Eine junge Frau hat die Gräber katalogisiert, um die sich niemand kümmert. Sie hat die Namen, Geburts- und Todesdaten auf den Holzkreuzen in einen Notizblock notiert und öffentlich gemacht. Soweit wir keine weiteren Informationen gefunden haben, haben wir diese Kriegstoten der Region Rostow zugewiesen.

Den zweiten Teil der Liste haben wir übersetzt:

Gyda

Ganz im Nordosten des Autonomen Kreises der Jamal-Nenzen liegt das Dorf Gyda mit 3.600 Einwohnern. Die Dorfbevölkerung besteht zum überwiegenden Teil aus Nenzen, einer kleinen nordsibirischen Ethnie mit etwa 41.000 Angehörigen. Die Nenzen sind traditionelle Jäger, Fischer und Rentierhirten und haben diese Lebensweise bis heute bewahrt.

Das Dorf Gyda kann nur im Sommer von Juli bis September per Schiff erreicht werden, es gibt im Winter ein paar hart gefrorene Pisten zu anderen Siedlungen, ansonsten bleibt nur der Hubschrauber um Menschen und Waren anzuliefern

Aus dem Dorf Gyda kam Senasi Salinder, geboren am 10. November 2001. Am 11. Oktober wurde sein Tod im Krieg gegen die Ukraine gemeldet und er solle nach den Bräuchen der Nenzen in seinem Heimatdorf begraben werden.

Jelisowo

Naturpark Nalitschewo bei Jelisowo -- Foto: Rost.galis -- Lizenz: CC BY-SA 4.0

Unsere Reise quer durch Russland führt uns heute in die Stadt Jelisowo mit knapp 40.000 Einwohnern, die sich im "Fernen Osten" Russlands auf der Halbinsel Kamtschatka befindet. Die Stadt ist so etwas wie ein regionales touristisches Zentrum auf der Halbinsel in der Nähe des Kronozki-Biosphärenreservates.

Wie sehr in Russland die schulische und die militärische Ausbildung ineinander verwoben sind, zeigt der kleine Film der Sekundarschule Nr. 2 aus Jelisowo. Dort wird ein "Heldenschreibtisch" eingeweiht, der einem jungen Schulabsoventen gewidmet ist - getötet im Krieg gegen die Ukraine. Anton Pawlowitsch Juschakow, geboren am 19.07.2000, getötet am 6. Dezember 2023. Wie Anton im Krieg gelandet ist, erfahren wir nicht.

Sadonsk Sadonsk am Don -- Foto: Алексей Задонский -- Lizenz: CC BY-SA 4.0

Im Westen Russlands in der Region Lipezk liegt die Kleinstadt Sadonsk. Die Stadt liegt am linken Ufer des Don und hat etwa 10.000 Bewohner. Viel Industrie gibt es dort nicht, einige große Betriebe schlossen in den neunziger Jahren. Es gibt große Pläne, die landschaftlich schön gelegene Stadt touristisch und kulturell zu entwickeln, aber Russlands Ressourcen fließen ja in den Krieg.

Eine Anekdote zur Stadt - die Bürger von Sadonsk litten unter dem extremen Schwerlastverkehr, der sich auf einer Fernstraße durch die Stadt schlängelte. So wurde eine Umgehungsstraße gebaut. Doch die wurde dann mautpflichtig, so dass der Verkehr sich wieder durch die Stadt ergießt.

In Sadonsk ist auch das Gefangenenlager IK-6 der Region Lipezk angesiedelt. Auch dort wurden Insassen für die Sturm-Z Einheiten rekrutiert, die meisten werden nicht überlebt haben. Eine Frau aus der Region hat über die getöteten Lagerhäftlinge einen Film zusammengestellt und nennt 32 Namen - viele davon sehr jung.

Polyssajewo Kussbass

Wir befinden uns Mitte September 2024 in der Stadt Polyssajewo im russischen Kohlerevier Kussbass (Kemerowo). Die Stadt hat etwa 25.000 Einwohner und ist aus der Kohleförderung heraus entstanden, Im Jahr 1952 wurde sie als Arbeitersiedlung zweier Kohleminen gegründet.

Jetzt gibt es auch eine "Heldengasse" in Polyssajewo, die den gefallenen Soldaten im Krieg gegen die Ukraine gewidmet ist. Die Einweihung dieser Ehrengasse mit etwa 20 Schaubildern der getöteten Soldaten aus dem Ort zeigt der etwa 10 Minuten lange Film.

Mit Balettszenen wird das Sterben jener Männer künstlerisch überhöht, bis dann jene Toten zum "ewigen Leben" emporsteigen. Getreu dem sehr dummen Motto, das man bei fast jeder Todesnachricht lesen muss: "Ein Krieger zu sein, bedeutet ewig zu leben."

 Belorezk

Die Stadt Belorezk liegt im Süden Baschkortostans mit knapp 65.000 Einwohnern. Das wirtschaftliche Gerüst der Stadt ist die metallverarbeitende Industrie, die aber wirtschaftlich auf wackligen Beinen steht. Im Gegensatz zu der Gesamtbevölkerung von Baschkirien überwiegen in Belorezk die Russen, die beinahe 70% der Einwohnerschaft stellen.

Am 4. Oktober 24 fand die Beisetzung von Wladislaw Anatoljewitsch Minejew in Belorezk statt. Der junge Mann stammte aus der Stadt, wurde am 16.04.1997 dort geboren und arbeitete als Mechaniker im Hüttenwerk von Belorezk. Das war sicher kein Traumberuf und so wollte Wladislaw ziemlich sicher schnell viel Geld verdienen, auch wenn das im Nachruf ganz anders klingt. Wladislaw meldete sich im Juni 24 für den Kriegsdienst, bereits am 6. August 24 war er tot.

Der offizielle Nachruf der Stadt:

Bogdan Armenowitsch ObwinzewZwei kurze Nachrufe, die mehr über die russische Gesellschaft aussagen als lange Traktate, wollen wir euch aus der Republik Udmurtien vorstellen. Der Erste kommt von der Sekundarschule des Dorfes Kalaschur mit mehr als 300 Bewohnern. Der zweite Nachruf wurde von einer Lehrerin geschrieben, die an einer Berufsschule in der nächst gelegenen Stadt Sarapul mit immerhin 100.000 Bewohnern unterrichtet.

Es geht dabei um Bogdan Armenowitsch Obwinzew, geboren am 18.04.2006, der sich im August 2024 ohne militärische Ausbildung freiwillig zum Kriegsdienst verpflichtet hat, bereits am 19. September getötet und am 27.09.24 in seinem Heimatdorf begraben wurde. Auch der Jesus mit der Dornenkrone auf seiner Uniformjacke hat ihm nicht geholfen.

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